Vier Jahre Haft für die Beihilfe zur Ermordung von 300.000 Menschen. So lautet das Urteil des Landgerichtes Lüneburg, das den ehemaligen SS-Mann Oskar Gröning für schuldig befunden hat.
Oskar Gröning hatte im Konzentrationslager Auschwitz zwei Jahre lang dabei geholfen, das Geld der Opfer zu sammeln und an die SS weiterzugeben. Das Urteil ist womöglich eines der letzten zu den Verbrechen der Nationalsozialisten in Auschwitz. Noch ist es jedoch nicht rechtskräftig: Die Nebenklage und die Verteidigung haben Berufung eingelegt.
„Buchhalter von Auschwitz“
„Es gab viele Oskar Grönings, ohne sie wäre die industrielle Vernichtung von Millionen von Menschen unmöglich gewesen“, so hatte der Nebenklagevertreter Mehmet Gürcan Daimagüler in seinem Schlussplädoyer argumentiert.
Grönings Verteidiger hielt entgegen, dass sein Mandant in Auschwitz nichts mit der Entscheidung über Leben und Tod zu tun gehabt habe. Oskar Gröning selbst hatte sich in früheren Interviews als „Rädchen im Getriebe “ des Konzentrationslagers bezeichnet.
Wer in Auschwitz gearbeitet hat, hat wissentlich und willentlich mitgetragen, was dort passiert ist. – Rechtsanwalt Achim Doerfer.
Spätes Urteil
1977 war bereits ein Verfahren gegen Oskar Gröning eröffnet worden, das jedoch 1985 eingestellt wurde. Mit der Veurteilung des KZ-Aufsehers John Demjanjuk im Jahr 2011 hatte sich die Rechtsauffassung von Massenmord verändert: Wer in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten beschäftigt war, kann der Beihilfe zum Mord angeklagt werden – auch ohne direkt am Tötungsprozess beteiligt gewesen zu sein.
Diese Entwicklung hat das Urteil bestätigt, auch wenn es natürlich 70 Jahre zu spät kommt. – Rechtsanwalt Achim Doerfer.
Redaktion: Sandro Schroeder