Play

Ist das gerecht? | Automatische Religionszugehörigkeit

Eingeschränkte Gemeindewahl: Wenn der Glaube mit umzieht

Umzüge bringen viele Veränderungen mit sich, auch religiöser Art: Waren die frisch Zugezogenen vor dem Umzug in einer religiösen Gemeinde, so werden sie in der neuen Stadt automatisch einer neuen Gemeinde zugeteilt. Ob das rechtens ist, darüber hat nun das Bundesverfassungsgericht entschieden.

Automatisch Mitglied der jüdischen Gemeinde in Frankfurt

In Frankfurt am Main war ein jüdisches Ehepaar Mitglied der einzigen jüdischen Gemeinde vor Ort. Als das Paar dann nach Frankreich zog, wechselte es in eine französische Gemeinde, trat automatisch aus ihrer Frankfurter Gemeinde aus. Dann kam der Umzug von Frankreich wieder zurück nach Frankfurt. Bei der Anmeldung im Amt gab das Ehepaar an, dass es „mosaisch“ (also jüdischen Glaubens) sei.

Daraufhin bekam es in der Post ein Begrüßungsschreiben von der Gemeinde, in der es vor ihrem Wegzug Mitglied war: diesem Begrüßungsschreiben hätten das Ehepaar innerhalb von drei Monaten widersprechen müssen, um nicht Mitglied der Gemeinde zu werden. Denn in der Satzung der jüdischen Gemeinde steht: “Mitglieder der Jüdischen Gemeinde sind alle Personen jüdischen Glaubens, die in Frankfurt ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben und nicht binnen einer Frist von drei Monaten nach ihrem Zuzug nach Frankfurt am Main gegenüber dem Gemeindevorstand schriftlich erklären, dass sie nicht Mitglieder der Gemeinde sein wollen.” Das Ehepaar legte aber erst nach sechs Monaten Einspruch ein – zu spät also. Steuerlich konnte es also dennoch belangt werden.

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Zuerst gab das Bundesverwaltungsgericht dem Ehepaar Recht. Doch daraufhin klagte nun die jüdische Gemeinde aus Frankfurt und gewann wiederum vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Begründet wurde das mit dem Artikel 4 des Grundgesetzes:

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

In Verbindung mit anderen Artikeln des Grundgesetzes wird so gewährleistet, dass Religionsgemeinschaften ihre Angelegenheiten grundsätzlich selbständig ordnen und verwalten. Dazu gehören dann auch die Mitgliedschaft, sowie der Ein- und Austritt aus der Gemeinde. Sobald man also nach einem Umzug beim Einwohnermeldeamt eine Religion ankreuzt, wird man auch weiterhin automatisch Mitglied einer Gemeinde.

Wann muss der Staat also die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft anerkennen? Darüber haben wir mit unserem Rechtsexperten Dr. Achim Doerfer gesprochen.

Dr. Achim Doerfer - Rechtsanwalt und Experte unserer Serie "Ist das gerecht?"

Rechtsanwalt und Experte unserer Serie „Ist das gerecht?“
Das Urteil erklärt auch einiges darüber, wie jüdische Gemeinden strukturiert sind.Dr. Achim Doerfer
Ist das gerecht? | Automatisch Mitglied einer Religionsgemeinde werden 06:34

Redaktion: Maria Mathias

Volles Programm, (aber) null Banner-Werbung

Seit 2009 arbeiten wir bei detektor.fm an der digitalen Zukunft des Radios in Deutschland. Mit unserem Podcast-Radio wollen wir dir authentische Geschichten und hochwertige Inhalte bieten. Du möchtest unsere Themen ohne Banner entdecken? Dann melde dich einmalig an — eingeloggt bekommst du keine Banner-Werbung mehr angezeigt. Danke!

detektor.fm unterstützen

Weg mit der Banner-Werbung?

Als kostenlos zugängliches, unabhängiges Podcast-Radio brauchen wir eure Unterstützung! Die einfachste Form ist eine Anmeldung mit euer Mailadresse auf unserer Webseite. Eingeloggt blenden wir für euch die Bannerwerbung aus. Ihr helft uns schon mit der Anmeldung, das Podcast-Radio detektor.fm weiterzuentwickeln und noch besser zu werden.

Unterstützt uns, in dem ihr euch anmeldet!

Ja, ich will!

Ihr entscheidet!

Keine Lust auf Werbung und Tracking? Dann loggt euch einmalig mit eurer Mailadresse ein. Dann bekommt ihr unsere Inhalte ohne Bannerwerbung.

Einloggen