Als am Autobahndreieck Rath/Heumar bei Köln 2016 eine Baustelle entstanden ist, sollten alle Geschwindigkeitsübertretungen festgehalten werden. Aus diesem Grund ist ein Blitzer aufgestellt worden. Von Februar bis Dezember blitzte die Anlage fleißig jeden Autofahrer, der schneller als 60 km/h fuhr. Entscheidendes Problem: Keiner der Autofahrer wurde darauf hingewiesen, dass es dort überhaupt ein Tempolimit gab. Der Straßenbetrieb Nordrhein-Westfalen hatte versäumt, ein Schild mit der neuen Begrenzung aufzustellen.
Ein Blitzer an der Baustelle
Das Autobahndreieck der A3 ist einer der größten Verkehrsknoten in Europa. Das Land Nordrhein-Westfalen wollte dort den Lärmschutz verbessern. So entstand die Baustelle. Eine fester Blitzer gab es vor Ort bereits seit einigen Jahren. Er war bis zum Baubeginn auf die bis dahin geltende Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h eingestellt gewesen.
Im Verlauf des Jahres hielt das Gerät 470.000 Übertretungen fest. Etwa tausend Fahrer erhoben direkt Einspruch gegen die Messung. Nachdem der Fall bekannt wurde, beschloss die Stadt viele der Verstöße wieder fallen zu lassen.
Was wird aus dem Geld?
Das Bußgeld wollte die Stadt aber ursprünglich nicht zurückerstatten. Sie war der Ansicht, dass bei bereits einbezahlten Geldern die entsprechenden Verfahren rechtswirksam abgeschlossen sind. Um die zwölf Millionen Euro hatte man mit dem Blitzer bei Heumar im letzten Jahr bereits eingenommen. Die parteilose Oberbürgermeisterin Reker hatte einen Kompromiss vorgeschlagen: Eine Investition der Gelder in die Verkehrssicherheit der Stadt. Doch auch dieser Vorschlag ist jetzt vom Tisch.
Der Gnadenerlass
Betroffene sollen demnächst Anträge auf einen sogenannten „Gnadenerlass“ stellen können. Ein Onlineformular dafür wird zurzeit erstellt. Jeder Antrag wird als Einzelfall ausgewertet und bei Bewilligung sollen Autofahrer entschädigt werden. Über die Tragweite des Gnadenerlasses gab es innerhalb der Verwaltung verschiedene Ansichten. Während die Bezirksverwaltung davon ausging, dass nur wenige Härtefälle davon profitieren, ist die Stadtverwaltung der Ansicht, dass hier großzügig vorgegangen werden sollte.
Ob das gerecht ist, erklärt Rechtsanwalt Achim Doerfer im Gespräch mit detektor.fm-Moderatorin Juliane Neubauer.
Redaktion: Alexander Goll