Am 04. Oktober 2021 geht ein Video viral: Der Sänger Gil Ofarim sitzt auf einer Bordsteinkante, hinter ihm der Eingang des Leipziger Hotels „The Westin“. Ofarim wirkt sichtlich aufgewühlt und erzählt, was ihm gerade passiert sein soll. Ein Mitarbeiter des Hotels soll ihm den Check-in verweigert haben, weil Ofarims Davidstern sichtbar gewesen sein soll. Der Aufschrei on- und offline ist entsprechend groß, auf Twitter und Co solidarisieren sich die Menschen mit Ofarim, es gibt Protestaktionen vor dem Hotel.
Volksverhetzung oder Verleumdung?
Der beschuldigte Mitarbeiter wird beurlaubt, das Hotel nimmt den Fall ernst, will alles aufklären. Es wird eine Anwaltskanzlei beauftragt, die Kameravideos sichtet und Zeugen und Zeuginnen befragt. Und auch die Staatsanwaltschaft überprüft den Fall mit erheblichem Aufwand – immerhin steht der Vorwurf der Volksverhetzung im Raum. Jetzt, ein halbes Jahr später, ist der Fall in sich zusammengefallen.
Die Ermittlungen gegen den Hotelangestellten wurden eingestellt, stattdessen wurde Anklage gegen Gil Ofarim erhoben. Nun soll er wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung vor Gericht. Grundlage dafür sind die Ermittlungsergebnisse: von den über 30 Zeugen kann nur einer die Version Ofarims bestätigen, mehrere hingegen berichten von einem etwas anderen Ablauf. Der Sänger soll sauer gewesen sein, weil er warten musste, während Stammgäste schneller in ihre Zimmer gelassen wurden. Auch auf den Videos ist ein wütend anmutender Ofarim zu sehen. Er soll den Hotelangestellten gedroht haben, ein Video viral gehen zu lassen.
Was nun genau stimmt, muss der Gerichtsprozess zeigen. detektor.fm-Redakteurin Rabea Schloz spricht mit Rechtsanwalt Achim Doerfer allerdings schon einmal über die Vorwürfe, die nun im Raum stehen.