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Wer zu Unrecht im Gefängnis war, wird nur mangelhaft entschädigt. Foto: Alcatraz / Florian Plag / flickr.com / CC BY 2.0

Ist das gerecht? | Wie entschädigt man Justizopfer?

Zu Unrecht im Knast

Kein System ist perfekt. So auch das deutsche Justizsystem. Immer wieder kommt es zu Fehlurteilen und unschuldige Menschen müssen ins Gefängnis. Kommt das dann raus, sind die Entschädigungen oft zu gering. Was muss sich ändern?

Justizopfer – seltener Fall von Fehlentscheidungen?

Statistiken über Justizopfer werden in Deutschland nicht veröffentlicht. Der Bundesrichter Ralf Eschelbach schätzt allerdings, dass jedes vierte Strafurteil ein Fehlurteil ist. Erst jetzt hat die Kriminologische Zentralstelle (KrimZ), eine Forschungseinrichtung von Bund und Ländern, eine Studie veröffentlicht. Allerdings wurden nur 29 Fälle untersucht. Das liegt daran, dass nur die wenigsten abgeschlossenen Verfahren wieder aufgenommen werden.

Die KrimZ kommt zu dem Ergebnis: Justizopfer bekommen keine ausreichende Entschädigung. Das Justizsystem gesteht sich Fehler eher ungern ein. Es passiert nur wenig, um den Ruf der zu Unrecht verurteilten wieder herzustellen.

Auch die materielle Entschädigung ist oft nicht ausreichend. Die Justizopfer erhalten 25 Euro für einen Tag, den sie unrechtmäßig im Gefängnis verbracht haben. Und das auch erst seit 2009. Bis dahin hatten zu Unrecht Inhaftierte elf Euro Entschädigung pro Tag bekommen.

Aussage gegen Aussage

Vor allem bei Verfahren, bei denen Aussage gegen Aussage steht, kommt es oft zu Fehlurteilen. Oft kommt das bei Sexualdelikten vor. Ein Drittel der von der KrimZ untersuchten Fälle waren Vergewaltigungsfälle oder Verurteilungen wegen sexuellem Missbrauch. Das gravierendste Fehlurteil der näheren Vergangenheit, war ebenfalls ein Missbrauchsvorwurf. Dem Saarländer Norbert Kuß wurde vorgeworfen, dass er seine ehemalige Pflegetochter missbraucht haben soll. Eine Gutachterin stufte die Aussagen der Pflegetochter als glaubhaft ein.

Obwohl Kuß ein Alibi für die angebliche Tatzeit hatte, glaubte das Gericht eher der Aussage der Pflegetochter und dem Gutachten. Erst nach dem dritten Wiederaufnahmegesuch seines Anwalts ist es zu einer erneuten Aufnahme gekommen. Kuß wurde erst neun Jahre nach dem Fehlurteil freigesprochen.

Um Fehlern wie diesem vorzubeugen, könnten systematische Qualitätskontrollen helfen. Diese gibt es aber nicht.

Im Gesundheitswesen würden wir das überhaupt nicht durchgehen lassen, aber in der Justiz nehmen wir das einfach hin. – Achim Doerfer, Rechtsanwalt

Über die Häufigkeit von Fehlurteilen im deutschen Justizsystem und über den Fall Kuß hat detektor.fm-Moderator Christian Eichler mit dem Rechtsanwalt Achim Doerfer gesprochen.

Achim Doerfer - ist Rechtsanwalt und ordnet für uns brisante Justizfälle ein.

ist Rechtsanwalt und ordnet für uns brisante Justizfälle ein.
Wenn Aussage gegen Aussage steht, muss sich das Gericht entscheiden, wem es glaubt. Wenn es da keine ganz präzise Vorgehensweise und systematische Qualitätskontrollen gibt, kann es schnell zu Fehlurteilen kommen.Achim Doerfer
Ist das gerecht | Entschädigung von Justizopfern 08:15

Redaktion: Rewert Hoffer

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