Familiennachzug im Fall Pinneberg
Der Familiennachzug für Flüchtlinge ist derzeit eines der umstrittensten Themen in Politik und Gesellschaft. Einerseits geht der Tenor in die Richtung, dass die Familie notwendig ist, um eine erfolgreiche Integration zu gewährleisten. Auf der anderen Seite stehen die Stimmen derjenigen, die vor einer zunehmenden Veränderung der Gesellschaft warnen.
Diese Angst hat unlängst neuen Anstoß gefunden: im Kreis Pinneberg erlaubten die zuständigen Behörden einem syrischen Flüchtling den Familiennachzug seiner Zweitfrau. Immerhin ist sie die Mutter der vier Kinder, mit denen er und seine erste Ehefrau nach Deutschland einreisten.
Es ging also überhaupt nicht darum, Polygamie in Deutschland zu legalisieren. Es ging nicht darum, diese zweite Ehe in Deutschland herzustellen, sondern es ging wirklich darum, die Kinder zu schützen. – Achim Doerfer, Rechtsanwalt
Mehrehen in Deutschland
In vielen muslimischen Ländern ist Bigamie oder Polygamie üblich – zumindest für die Männer. Das ist in Deutschland vor allem deshalb problematisch, weil sie gegen das Prinzip der Gleichberechtigung verstößt. Sie ist Teil eines patriarchalischen Systems. Und häufig werden die Frauen zur Ehe gezwungen. In Deutschland ist Polygamie daher nicht erlaubt.
Trotzdem werden Mehrehen in Deutschland zumindest geduldet, um die Frauen rechtlich abzusichern, zum Beispiel in Erbschaftsangelegenheiten. Für das Ausländerrecht gilt das aber nicht.
Es wäre sicherlich sinnvoll, das aus dieser Ecke der Einzelfallentscheidung so ein bisschen raus zu nehmen […]. Möglicherweise wäre es klug der globalisierten Welt hier Rechnung zu tragen und das Problem ausdrücklich zu regeln – einerseits im Ausländerrecht, andererseits im Kindschaftsrecht. – Achim Doerfer
Über das Recht auf Familiennachzug von Zweitfrauen und Polygamie in Deutschland hat detektor.fm-Moderator Christian Eichler mit dem Rechtsanwalt Achim Doerfer gesprochen.
Redaktion: Eva Weber