Rituelles Schlachten: Halal und koscheres Fleisch
Nach den rituellen Vorgaben im Judentum und im Islam werden Tiere bei der Tötung geschächtet. Das heißt, sie bluten aus. Dieses Fleisch bezeichnet man dann als halal oder koscher. Ob man die Tiere dabei betäuben soll oder nicht, ist umstritten. In Deutschland ist die Schächtung ohne Betäubung verboten, während es in Frankreich prinzipiell erlaubt ist, Tiere auch ohne Betäubung zu schlachten.
Der Streit
Französische Tierschützer sind sich einig: Wenn Tiere bei der Tötung möglicherweise nicht betäubt werden, widerspricht das den Voraussetzungen für die Kennzeichnung mit dem Bio-Siegel. Bereits 2012 haben sie deshalb beim Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung beantragt, dass Halal-Fleisch nicht mit dem Bio-Siegel versehen wird. Allerdings hat das Ministerium das abgelehnt, sodass der Streit vor Gericht gelandet ist. Das Berufungsgericht war sich der Sache nicht sicher und hat die Frage deshalb dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt. Der muss jetzt entscheiden, ob die Verordnung zum EU-Bio-Siegel einer Kennzeichnung als halal widerspricht.
Ob sich das widerspricht oder nicht, hängt mit der Erwartung zusammen, die man an das Bio-Siegel haben kann. Dass wir denken, nur weil Sachen bio sind, müssen die auch von glücklichen Tieren stammen. – Achim Doerfer, Rechtsanwalt.
EU-Biosiegel
Der EuGH-Generalanwalt Nils Wahl geht davon aus, dass auch Fleisch, das von geschächteten Tieren stammt, das Bio-Siegel erhalten kann. Denn die Vorschriften, was alles überhaupt als halal bezeichnet wird, sind europaweit nicht einheitlich geregelt. In seinem Schlussantrag im Verfahren rät er dem Gericht, die Vergabe des EU-Biosiegels an Halal-Fleisch nicht zu verbieten.
Vielleicht sollten wir den Fall zum Anlass nehmen, mehr Transparenz auf dem Gebiet der Kennzeichnung für den Verbraucher zu schaffen. – Achim Doerfer
Über das Verfahren vor dem EuGH hat detektor.fm-Moderatorin Eva Morlang mit Rechtsanwalt Achim Doerfer gesprochen.
Redaktion: Nora Auerbach