Hartz IV und Krebs
Eine Krebsdiagnose trifft Menschen oft mehrfach: Neben der Erkrankung geraten die Betroffenen manchmal auch in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Um finanziell abgesichert zu sein, können sie unter anderem Krankengeld oder Erwerbsminderungsrente bekommen. Bei Empfängern von Arbeitslosengeld II (ALG II), auch Hartz IV genannt, springt das Sozialamt mit ein.
Jobcenter verlangt 20.000 Euro
Bei einem Mann in Schwäbisch-Hall war das nicht der Fall. Denn er bezog von 2011 bis 2013 ALG II, obwohl er arbeitsunfähig war und eigentlich hätte Rente bekommen müssen. Das Jobcenter hatte ihn falsch beraten. Man zahlte ihm also Hartz IV, obwohl er gar keines hätte bekommen dürfen. Erst im April 2013 veranlasste sie ein Gutachten, das er schließlich mit einer Erwerbsminderungsrente unterstützt wurde.
Im April 2014 verstarb der Mann an Krebs. Seiner Tochter vererbte er knapp 35.000 Euro, die ihm selbst erst kurz zuvor von seiner Tante zugesprochen worden waren. Zu diesem Zeitpunkt hatte er allerdings schon kein Hartz IV mehr bezogen. Überraschung für die damals zehnjährige Erbin: Im Januar 2015 wollte das Jobcenter plötzlich die rund Hartz-IV-Leistungen des Vaters in Höhe von 20.000 Euro zurückgezahlt bekommen.
Ich finde, das ist ohnehin schon ein außergewöhnlicher Fall, weil sich normalerweise das Jobcenter oder das Sozialamt mit Händen und Füßen gegen eine Auszahlung wehrt. – Rechtsanwalt Dr. Achim Doerfer
Sozialgericht kippt Urteil
Das Sozialgericht in Heilbronn gab der jungen Erbin nun Recht. Wie das Gericht mitteilte, war es der Fehler des Jobcenters, dass man dem Mann Hartz IV gezahlt hatte. Das gezahlte Geld könne deshalb nicht zurückgefordert werden.
Ob man überhaupt 12-Jährige schon verklagen kann und inwieweit die Erbin noch mit weiteren Forderungen des Jobcenters konfrontiert werden könnte, erklärt Rechtsanwalt Dr. Achim Doerfer im Gespräch mit detektor.fm-Moderatorin Marie Landes.
Redaktion: Conny Poltersdorf