Wenn sich zwei Kinder auf dem Schulhof um ein Spielzeug streiten und das eine das andere Kind schubst, sodass es hinfällt und vielleicht einen blauen Fleck oder ein paar Kratzer bekommt, ist das dann schon ein Grund, die Polizei einzuschalten?
Ein Vorfall aus dem Jahr 2019: Ein Sechsjähriger wird von der Polizei vorgeladen. Nach einem Konflikt im Hort einer Schule soll er seiner Erzieherin erst auf den Fuß getreten sein und sie dann auf den Arm gehauen haben. Der Vater des Kindes holt seinen Sohn daraufhin sofort ab und erklärt ihm, dass ein solches Verhalten nicht in Ordnung ist. Der Junge entschuldigt sich bei der Erzieherin. Trotzdem erstattet die Schule Anzeige wegen Körperverletzung. Körperliche Folgen bei der Erzieherin sind nicht bekannt.
Anzeige trotz Schuldunfähigkeit?
Laut § 19 Strafgesetzbuch gelten Kinder unter 14 Jahren als schuldunfähig. Das bedeutet, dass sie nicht bestraft werden dürfen. Gerade Schulen sind in diesem Fall ein sensibler Raum. Denn eigentlich liegt hier die Aufgabe, Kinder in einem geschützten Raum beizubringen, wie gesellschaftliches Zusammenleben funktioniert und wie man sich in Konfliktsituationen verhält. Das Einbeziehen der Polizei in einen Fall, der eigentlich im Kontext der Schule hätte gelöst werden sollen, bedeutet diesen Konflikt zu verlagern. Seitens des Polizei wird argumentiert, das Vorladen von Kindern könne auch als erzieherische Maßnahme gewertet werden. Auch wenn schon im Vorhinein klar sei, dass ein Verfahren bei unter Vierzehnjährigen wegen Schuldunfähigkeit eingestellt werden wird.
Die Familie reagiert ihrerseits mit einer Strafanzeige gegen Polizei und Schule. Und zwar wegen der Verfolgung Unschuldiger nach § 344 Strafgesetzbuch. Der Einschätzung der Bonner Rechtsprofessors Klaus Ferdinand Gärditz zufolge, hätten sich die Beamten und Beamtinnen in diesem Fall strafbar gemacht.
Über den Fall und warum er so problematisch ist, sprechen detektor.fm-Redakteur Yannic Köhler und Rechtsanwalt Achim Doerfer.