Ein 29-Jähriger greift einen jungen Mann mit einem Kurzspaten an, als der gerade eine Synagoge betreten will. Nach nur drei Verhandlungstagen wurde der Täter Ende Februar vom Hamburger Landgericht wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Es ist unbestritten, dass der Mann die Tat begangen hat, schuldfähig sei er aber nicht, urteilt die Richterin. Nun muss der 29-Jährige nicht ins Gefängnis, sondern in den sogenannten Maßregelvollzug – also ein psychiatrisches Krankenhaus.
Keine Schuld, keine Strafe
Der Aufenthalt in der Psychiatrie ist keine Strafe und der Täter muss auch nichts verbüßen. Liegt aber eine Gefahr für die Allgemeinheit vor, können Täter zur Behandlung eingewiesen werden. Das ist dann auf unbestimmte Zeit, also anders als bei einer Haftstrafe. Ein wichtiges Werkzeug, um psychisch kranken Menschen zu helfen. Allerdings muss man damit vorsichtig umgehen, meint Rechtsanwalt Achim Doerfer:
Wer im Maßregelvollzug untergebracht wird, kann nicht einfach gehen. Die Betroffenen, etwas mehr als 10 000 Menschen in Deutschland, werden in regelmäßigen Abständen begutachtet, dann wird entschieden, ob sie entlassen werden oder nicht. Die Gutachter und Gutachterinnen stehen dabei auch unter gesellschaftlichem Druck: Geben sie jemandem grünes Licht und die Person wird später straffällig, stehen die Mediziner in der Kritik. Sind sie zu vorsichtig, müssen aber genesene Menschen zu Unrecht in der Klinik bleiben. Das ist keine leichte Entscheidung.
Ob das hamburgische Urteil gerecht ist und in welchen Fällen statt einer Haftstrafe eine eine Unterbringung in der Psychiatrie verordnet werden kann, besprechen detektor.fm-Redakteurin Rabea Schloz und Rechtsanwalt Achim Doerfer.