Seit Ende der 1980er-Jahre wird Methadon, neben anderen synthetischen Opioiden, in sogenannten Substitutionsprogrammen für Heroinabhängige eingesetzt. Substitution bedeutet nichts anderes als Ersatz. Heroinabhängige bekommen unter ärztlicher Aufsicht das saubere Methadon verabreicht. Methadon ist ein vollständig synthetisch hergestelltes Opioid.
Methadon statt Heroin
Ähnlich wie Heroin oder Morphium wirkt es schmerzmindernd, ein „Kick“ aber bleibt aus. Außerdem dauert es länger, bis die Wirkung einsetzt, weil es als Tablette eingenommen und nicht wie Heroin gespritzt wird. Bei Menschen, die heroinabhängig sind, lindert der Ersatzstoff den „Heroin-Hunger“ und die Entzugssymptome – macht aber ebenfalls abhängig.
Durch diese Substitutionsprogramme soll Menschen aus der Kriminalität geholfen werden. Denn viele werden straffällig, um das Geld für Heroin zu beschaffen. Weil die Einnahme unter Aufsicht legal und kontrolliert ist, sollen die Menschen es so wieder schaffen, auch mit Sucht ein geregeltes, stabiles Leben zu führen.
Der Fall
Trotz dieser medizinischen Aspekte wurde einem Gefangenen in Bayern das Methadon verwehrt, woraufhin dieser klagte. Seit über vierzig Jahren sei er schon heroinabhängig – mehrere Versuche, von der Sucht loszukommen, scheiterten. Allein die Therapie mit Methadon als Ersatzstoff konnte dem Mann helfen.
Vor acht Jahren aber kam der Kläger in Haft. Dort verweigerte der Gefängnisarzt ihm das Mittel. Zwar muss laut Bundesärztekammer die Kontinuität der Behandlung sichergestellt sein, die letztendliche Entscheidung aber liegt beim jeweiligen Arzt.
Diese Haltung ist eigentlich nur durch eine politische Voreingenommenheit zu erklären. – Achim Doerfer, Rechtsanwalt.
Recht auf den Ersatz
Mit Unterstützung der Aidshilfe klagte der Mann das Methadon ein. Ging durch alle deutschen Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht. Doch alle Gerichte wiesen seine Klage ab. Nur der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg nahm die Klage an – und entschied zu seinen Gunsten.
Ob das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gerecht ist, hat detektor.fm-Moderatorin Doris Hellpoldt den Rechtsanwalt Achim Doerfer gefragt.
Redaktion: Maren Schubart