Der Parteitag der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland in Stuttgart hat einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst: 1.700 Sicherheitskräfte sind vor Ort gewesen, aus ganz Deutschland waren Gegendemonstranten angereist. Im Laufe des Tages kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Beamten und Protestierenden, die Kreuzungen und Zufahrtswege blockierten.
Polizeigewahrsam und Festnahme
Dabei hat die Polizei fast 600 Menschen vorübergehend in Gewahrsam genommen – darunter auch mehrere Journalisten. Im Anschluss wurden Vorwürfe laut, dass die Sicherheitskräfte unangemessen gegen die Demonstranten vorgegangen seien. So ist unter anderem von der Gewerkschaft Verdi kritisiert worden, dass einzelne Personen bis zu elf Stunden lang festgehalten worden seien und gesundheitliche Probleme davongetragen hätten. Andere Organisationen sprachen von einer „katastrophalen Versorgungslage ohne Trinken und ohne ärztliche Behandlung“.
Das ist also wirklich nur das allerletzte Mittel, weil es ja eben eine Freiheitsentziehung ohne richterliches Urteil ist, was in einem Rechtsstaat wirklich nur im äußersten Fall möglich ist. – Rechtsanwalt Achim Doerfer
Dabei gibt es einen rechtlichen Unterschied zwischen einer Festnahme und einer Gewahrsamnahme. Festnahmen bereiten eine Strafverfolgung vor, während der Gewahrsam aus dem sogenannten Sicherheits- und Ordnungsrecht kommt. Er dient nicht der Strafverfolgung, sondern der Gefahrenvorbeugung. Langfristige rechtliche Auswirkungen hat eine Gewahrsamnahme nicht, sie wird nicht in das Führungszeugnis aufgenommen.
Recht auf Versorgung
Das Polizeipräsidium Reutlingen, das für den Einsatz zuständig gewesen ist, hat bestritten, dass es Kreislaufzusammenbrüche gegeben habe. Die in Gewahrsam genommenen Personen hätten Lunchpakete und Getränke erhalten, also praktisch die gleiche Verpflegung wie die Einsatzkräfte.
Über die Rechte von Menschen in Polizeigewahrsam und mögliche Konsequenzen für die Festgesetzten, darüber hat detektor.fm-Moderatorin Anna Corves in der Serie „Ist das gerecht?“ mit dem Rechtswanwalt Achim Doerfer gesprochen.