Darf mein Chef darüber entscheiden, wie ich mich auf der Arbeit anziehe? In der Fleischerei, im Supermarkt oder in Banken scheint die Antwort klar. Dort erwarten wir sogar, dass unser Gegenüber ein ganz bestimmtes Outfit trägt. Auf einer Baustelle muss man eben einen Helm tragen und in der Bank ein graues Kostüm. Das scheint logisch. Aber wie ist das mit der Religionsfreiheit und dem Kopftuch?
Die Kirche ist ein besonderer Arbeitgeber
Zwar kann sich die Kirche nicht auf Arbeitsschutz oder die Hygiene berufen, allerdings auf die Loyalität ihrer Mitarbeiter gegenüber dem christlichen Glauben. Dies gilt auch im Fall einer abweichenden Religionszugehörigkeit. Was Loyalität hier genau bedeutet ist unklar. Die beiden großen Kirchen sind die größten privaten Arbeitgeber in Deutschland und müssen sich dennoch nicht an wichtige Bestimmungen des Grundgesetzes halten. Durch die Verträge zwischen den christlichen Religionsgemeinschaften und dem deutschen Staat sind, sowohl die Staatsleistungen an die Kirchen, als auch die arbeitsrechtlichen Ausnahmen geregelt. Teilweise reichen diese Absprachen bis in die Zeit der Weimarer Nationalversammlung und ins Kaiserreich zurück.
Religionsfreiheit am Arbeitsplatz: Für Muslime verboten?
Ganze Wirtschaftsbranchen werden von den Kirchen dominiert. Tausende Pflege- und Altersheime, Kliniken, Schulen und Kindergärten, meist öffentlich finanziert, aber unter christlicher Leitung. Muslime sind in dieses Einrichtungen selten zu finden. Sie werden aufgrund ihres persönlichen Glaubens nicht eingestellt, obwohl sie diese Institutionen durch ihr Steuergeld mitfinanzieren.
Mit dem Rechtsanwalt Achim Doerfer haben wir darüber gesprochen, welche besonderen arbeitsrechtlichen Regeln für die Mitarbeiter von christlichen Einrichtungen in Deutschland gelten und ob die Religionsfreiheit auch am Arbeitsplatz gilt.