Die meisten Straftaten begeht man, in dem man aktiv handelt. Man raubt eine Bank aus, man erschießt einen Menschen, man transferiert sein Geld auf die Caymaninseln. Beim „Unterlassen“ aber tut man nichts. Man verhindert nicht, dass etwas geschieht. Zum Beispiel, weil man das Neugeborene nicht mehr füttert und es nach einigen Tagen verhungert. Oder man hält dem Ertrinkendem nicht die rettende Hand hin, sondern schaut weg.
Unterlassen: wenn Nichts tun strafbar ist
Das Unterlassen ist juristisch betrachtet aber gar nicht so einfach, wie es von außen wirken mag. Nicht handeln ist nicht gleich nicht handeln. So gibt es zum Beispiel das echte und das unechte Unterlassen. Und es gibt auch noch das sogenannte Unterlassen durch Tun. Ein Beispiel:
Darüber hinaus darf von niemandem erwartet werden, Unmögliches zu leisten. Im Juristenlatein heißt das dann: ultra posse nemo obligatur. Und im Juristendeutsch: die Rettungshandlung muss physisch-real möglich sein. Von einem alten Herren im Rollstuhl und ohne Smartphone kann man nicht erwarten, dass er ein ertrinkendes Kind aus dem See zieht. Vom Teenager mit Handy in der Hand ist aber durchaus zu erwarten, dass er den Notdienst ruft.
Alles zu kompliziert? Macht nichts, in der neuen Episode „Ist das gerecht?“ besprechen detektor.fm-Redakteurin Rabea Schloz und Rechtsanwalt Achim Doerfer die juristischen Feinheiten und Fallstricke des Unterlassens im Detail.