Serdar Somuncu ist kein Kind von Traurigkeit, wenn es um derbe Sprüche und Kontroversen geht. Der in Istanbul geborene Kabarettist und Autor ist in Deutschland mit Shows bekannt geworden, in denen er aus Hitlers Hetzschrift „Mein Kampf“ vorgelesen hat. In seinen Shows nimmt er oft hasserfüllte Persönlichkeiten an und führt diese ad absurdum.
Dabei nimmt er kein Blatt vor den Mund und spart nicht mit harten Ausdrücken und Fäkalsprache, was für seine Fans bei aller Stilkritik selten die Qualität des Inhalts schmälert. Immerhin bekommen Personen jeder politischen und sozialen Couleur ihr Fett weg.
Was ist Stein des Anstoßes?
Dieses Mal hat seine Kritik eine Redakteurin des WDR getroffen. Auf einer Podiumsdiskussion der Körber-Stiftung Ende 2015 kritisierte Somuncu, angesprochen auf seine eigenen Erfahrungen, die Arbeitsweise der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Während seiner Antwort redet er sich in Rage. Der Grund für seine Erregung ist, dass er sich von Produzenten und Fernsehsendern zensiert fühlt.
Die auf den WDR bezogene Zeile lautet dann: „Diese Arschlöcher nehmen sich raus, im Namen der Gebührenzahler, uns zu zensieren. Und das war für mich die Keimzelle des Faschismus.“ Die namentlich genannte Redakteurin und der Sender möchten das nicht auf sich sitzen lassen. Deshalb hat die Mitarbeiterin auf Unterlassung geklagt. Serdar Somuncu soll diesen Satz nicht mehr sagen dürfen.
Konflikt reicht tiefer
Das Vorhaben ist jedoch nach hinten losgegangen. Obwohl der Vorfall bereits über ein Jahr zurückliegt, ist die Diskussion über diese Aussage und damit auch über die Meinungsfreiheit wieder voll entbrannt. Der Künstler wehrt sich nämlich nach Kräften und nennt einen expliziten Fall, auf den sich seine Aussage bezieht. Dabei handelt es sich um einen Beitrag aus der WDR-Sendung „Pussy Terror TV“ von Carolin Kebekus.
Der Comedian war eingeladen, in der Show einen Sketch zu spielen. In Anlehnung an den Protagonisten der gleichnamigen TV-Sendung „Domian“ nennt sich Somuncu im Sketch „Grobian“. Die Sendung und das Studio wird von einem Anrufer namens Hassias gekapert. Dieser erklärt, als Führer die Gewalt übers Fernsehen einnehmen zu wollen. Während des Sketches werden verbale Tiefschläge der derberen Sorte in alle Richtungen ausgeteilt, vor allem auch an den WDR selbst.
Serdar Somuncu spaltet Gemüter
Das Skript zum Sketch ist angeblich Serdar Somuncus Buch „Der Adolf in mir“ entnommen. Die Sendefassung beinhaltet dann laut Somuncu jedoch nur einen geringen Teil der Originalfassung. Der Comedian sieht darin Zensur. Der WDR widerspricht dieser Darstellung und sagt, man habe lediglich im Rahmen der Programmgrundsätze gekürzt. Außerdem sei das Skript für den Beitrag ursprünglich ein anderes gewesen.
Ich glaube, der WDR wird den Prozess verlieren. – Rechtsanwalt Achim Doerfer
Wer Recht hat und wer nicht, ist schwer festzustellen, da der WDR die Originalfassung bisher nicht veröffentlicht hat. In jedem Fall stößt Somuncu erfolgreich erneut die Diskussion darüber an, was gesagt werden darf und was nicht. Ob es sich wirklich um Zensur handelt oder ob die Klage gegen den Künstler gerecht ist, erklärt Rechtsanwalt Achim Doerfer im Gespräch mit detektor.fm-Moderatorin Carina Fron.
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Hier geht’s zur gekürzten Fassung von Somuncus Sketch. Die Tirade gegen den WDR sehen Sie hier: