Die Sommerferien beginnen – die Lehrer gehen zum Arbeitsamt. Was sich liest wie ein mieser Witz, ist für viele Lehrkräfte zu einem realen Problem geworden: Sie werden am letzten Schultag entlassen, ihre Verträge laufen aus. Um Gelder zu sparen, sind sie von vornherein nur befristet eingestellt. So müssen die Länder sie nicht über die sechswöchigen Sommerferien bezahlen.
Die höchste Entlassungsquote hat Baden-Württemberg. Allein in diesen Sommerferien wurde knapp 4.000 ausgebildeten Referendaren und befristeten Kräften gekündigt. Erst letzten Montag haben in Stuttgart Lehrer- und Elternverbände gemeinsam gegen diese Praxis demonstriert.
Sparen auf Kosten der Lehrkräfte
Baden-Württemberg spart laut eigener Aussage 35 Millionen Euro pro Jahr durch diese Entlassungen und die befristeten Lehrverträge. Ministerpräsident Winfried Kretschmann zuckt mit den Schultern. Für eine Änderung sei kein Geld im Haushalt verfügbar.
Die CDU hatte in ihrem Wahlprogramm ursprünglich versprochen, diese Beschäftigungsverhältnisse zu ändern. Nun spricht sie jedoch davon, lieber Gelder „in Unterrichtsqualität, Förderung von Schülern und die Unterstützung der Lehrkräfte in ihrer pädagogischen Professionalität“ investieren zu wollen.
Die FDP hingegen stellt sich auf die Seite der Verbände. Sie fordert als Übergangslösung, dass das Referendariat um sechs Wochen verlängert wird, damit die Referendare zumindest über die Ferien nicht arbeitslos sind.
Lehrer könnte es in andere (Bundes-)Länder ziehen
Einige der entlassenen Lehrer haben noch nicht einmal Anspruch auf Arbeitslosengeld: Wenn sie für ein Schuljahr angestellt gewesen sind, steht ihnen, wenn überhaupt, nur Hartz IV zu. Deshalb scheuen auch viele den Gang zum Arbeitsamt.
Zwar stellen viele Schulen ihre Lehrkräfte nach den Sommerferien erneut ein, doch die sechswöchige Durststrecke scheint die „Pädagogen auf Abruf“ zu vertreiben. Kritiker glauben, dass die Angestellten sich stattdessen lieber nach Stellen in anderen Bundesländern oder im Ausland umsehen. Dadurch wird der bereits vorhandene Lehrermangel noch größer. Das trifft auch die Schüler: In den Sommerferien werden oftmals sogenannte „Notfallstundenpläne“ eingerichtet, weil die Arbeitsverträge noch nicht ausgehandelt sind.
Über die aktuellen Proteste und die Forderungen der Lehrerverbände hat detektor.fm-Moderator Lucas Kreling mit Doro Moritz gesprochen. Sie ist Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Baden-Württemberg.
Redaktion: Paul Schumacher & Natalie Meinert