Leistungsdruck: Kein Einzelfall
Durchfall, Bauchkrämpfe und jahrelanger psychologischer Druck. So beschreibt der ehemalige Fußball-Profi Per Mertesacker rückblickend seine Karriere. Ständig befürchtete er, den Erwartungen nicht gerecht zu werden.
In einem Interview mit dem Spiegel hat er nun den enormen psychologischen Druck kritisiert, der auf den Profispielern liegt. Obwohl Mertesacker nicht der Einzige ist, der unter Leistungsdruck leidet, trauen sich nur wenige, die hohe psychische Belastung öffentlich anzusprechen. Manche, wie etwa Lothar Matthäus, empören sich sogar über Mertesackers Äußerungen zum Thema Leistungsdruck.
Eine mutmaßliche Schwäche, zum Beispiel eine Krankheit, passt in unsere Gesellschaft einfach nicht hinein. Das ist das Dilemma, in dem Sportpsychologen nach wie vor stecken. Schwäche wird im Leistungssportsystem nach wie vor stigmatisiert. – Oliver Stoll, Professor für Sportwissenschaft an der Universität Halle
Profisport ist Hochleistung – auch psychisch
Insbesondere junge Sportler brauchen psychologische Unterstützung. Sie müssen den Umgang mit hohem Druck erst lernen. Deswegen sind Nachwuchszentren verpflichtet, die psychologische Betreuung der Spieler zu gewährleisten. Hier lernen sie zum Beispiel, wie sie sich effektiv erholen können.
Im Bereich des Profifußballs sieht das aber schon ganz anders aus. Hier sind lediglich in 15 Prozent der Top-Teams Psychologen tätig.
Sportler sollten schon sehr frühzeitig im Bereich der Psychohygiene ausgebildet werden. Das bedeutet, dass sie lernen, sich selbst ganz bewusst Erholungsphasen zu gönnen und diese in den Tagesablauf einzubauen. – Oliver Stoll
Über die psychische Belastungen durch Leistungssport und die Rolle von Sportpsychologen hat detektor.fm-Moderator Lars-Hendrik Setz mit dem Sportwissenschaftler Prof. Dr. Oliver Stoll gesprochen. Er lehrt und forscht an der Universität Halle im Fachgebiet Sportwissenschaft.
Redaktion: Marie Flohr