„Mission Energiewende“ – Podcast zum Klimawandel und neuen Energielösungen in Deutschland. Eine Kooperation mit LichtBlick und WWF.
1962 bricht eine große Sturmflut über Norddeutschland herein. Während in Hamburg über 300 Menschen ihr Leben lassen, stirbt in Schleswig-Holstein niemand. Aber die Schäden sind gewaltig. 70 Kilometer Seedeiche sind zerstört, 80 Kilometer erheblich beschädigt, weitere 120 müssen repariert werden. Aber einige Deiche haben gehalten: Sie waren bereits nach der sogenannten „Hollandflut“ von 1953 verstärkt worden. Es war Zeit, umzudenken.
Der Generalplan
Deshalb wurde im Dezember 1963 der „Generalplan Küstenschutz“ verfasst. Er gibt vor, wie die Deiche in Schleswig-Holstein verbessert werden müssen. Und er wird alle 10 Jahre erneuert.
Die aktuelle Version von 2012 sieht vor, dass noch 93 Kilometer Deichlinie verstärkt werden müssen. Seit 1963 sind die Ansprüche dabei gestiegen. Die Deiche sollen auch fit für den Klimawandel sein. Deshalb sollen sogenannte „Klimadeiche“ entstehen. Sie sind höher als ihre Vorgänger und haben eine fünf Meter breite Deichkrone. Diese ermöglicht künftigen Generationen, den Deich noch einmal zu erhöhen. Damit könnten die Klimadeiche schließlich einen Anstieg des Meeresspiegels um bis zu eineinhalb Metern verkraften.
Europas erster Klimadeich: Ein Politikum
Der erste Klimadeich Europas ist schon fertig. Er steht auf der Nordsee-Halbinsel Nordstrand. Hans Erich Hansen ist dort Deichgraf und hat sich lange für die Deicherhöhung eingesetzt:
Der Meeresspiegel hebt sich an. Und mit so einem neuen Klimadeich sind wir gut vorbereitet. Ich denke aber auch, für den Tourismus ist das alles eine Bereicherung. – Hans Erich Hansen, Deichgraf Nordstrand
Aber eine Deicherhöhung ist immer auch ein schwieriger Prozess. 32 Millionen Euro hat der neue Klimadeich gekostet, vier Jahre hat der Bau gedauert. Anwohner beklagten sich über Lärmbelästigung und die fehlende Kommunikation mit der Landesregierung. Später wurde bekannt, dass der Deich noch einmal aufgerissen werden muss, weil sich zu viele Steine in der obersten Deichschicht fanden. Die verantwortliche Baufirma hat inzwischen Insolvenz angemeldet.
Der Zusammenhalt
Johannes Oelerich leitet den Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN). Er hat den Deichbau beaufsichtigt und zeigt sich mit dem Ergebnis dennoch zufrieden:
Wir haben ein besonderes Klima in Schleswig-Holstein zwischen den Menschen. Wir sind klein genug, dass wir uns gegenseitig kennen. Wir haben ein Vertrauensverhältnis aufgebaut über die Organisationsgrenzen hinweg. Wenn wir gemeinsam Ziele entwickeln, sind auch alle bereit sie zu verfolgen. – Johannes Oelerich, Direktor, LKN
detektor.fm-Reporter Christian Eichler ist nach Husum und auf die Halbinsel Nordstrand gefahren, um sich anzuschauen, wie man sich an der Nordseeküste auf den Klimawandel vorbereitet.
Musik: Never Dying – Scott Buckley (CC BY 4.0)