Polarisiertes Europa
Soziale Ungleichheit, Elitenskepsis, rechter Populismus und Zukunftsängste treiben die Europäer um. Der Eindruck einer zunehmenden Spaltung der europäischen Gesellschaft drängt sich auf. Der Brexit könnte eine erste Folge sein. Scheinbar gibt es Handlungsbedarf. Dabei ist vor allem eines wichtig: Das Europa von morgen wird geprägt durch die jungen Generationen. Wie sehen sie das Europa von heute? Wie wollen sie in Zukunft leben? Dieser Frage geht die multimediale Jugendstudie „Generation What“ nach.
Jugendstudie: Was denkt die Jugend?
900.000 junge Menschen aus zahlreichen europäischen Ländern haben sich bisher an „Generation What“ beteilgt. Die Teilnehmer sind zwischen 18 und 34 Jahren alt und haben freiwillig an der Umfrage teilgenommen.
In Deutschland gaben 160.000 junge Menschen Auskunft über ihre Haltung zu Privatem, Politik und Europa. Die Ergebnisse der Jugendstudie machen deutlich: Das Verhältnis der jungen Deutschen zur EU ist distanziert. Zwar fühlen sich rund vier Fünftel der Befragten als Europäer, aber an erster Stelle verorten sie sich dennoch regional oder national. Sie betrachten europäische Institutionen mit großer Skepsis. Daher hält auch jeder Zehnte einen „Dexit“ für eine attraktive Option. Eine Lösung zentraler Probleme durch die EU erhoffen sich die jungen Deutschen nicht. Trotzdem: Die Vorteile der Union überwiegen für die meisten Befragten letzendlich deren Schwächen.
Aber nicht nur der EU bringen die jungen Deutschen eine gehörige Portion Skepsis entgegen. Auch andere zentrale Institutionen, das Bildungssystem und die Kirchen stehen bei ihnen nicht hoch im Kurs. Über die Hälfte empfindet das Bildungssystem als ungerecht. Viele fühlen sich auf auf die spätere Berufslaufbahn unzureichend vorbereitet. Nicht nur bezüglich des Bildungssystems besteht bei den jungen Deutschen eine hohe Sensibilität für Ungerechtigkeit. Ungefähr vier von fünf Befragten nehmen wachsende Ungleicheiten auch in der deutschen Gesellschaft wahr.
Pragmatismus als Antwort
Die politische und gesellschaftliche Situation in Deutschland und Europa wird also durchaus kritisch betrachtet. Soziale Unsicherheit und Misstrauen gegen die Eliten sind gemeinhin ein guter Nährboden für den Rechtspopulismus. Den Aussagen der Populisten neigt die „Generation What“ allerdings weniger stark zu als andere Altersgruppen. 75 Prozent zeigen sich besorgt über den zunehmenden Nationalismus. Es überwiegt das Gefühl von Solidarität mit den Geflüchteten. Trotz weitreichender Skepsis herrscht unter den Befragten ein gemäßigter Zukunftsoptimismus. Trübsaal zu blasen, das liegt ihnen eher fern.
Über die Gründe dafür, hat detektor.fm-Moderator Konrad Spremberg mit Maximilian von Schwartz gesprochen. Er ist Studienleiter der „Generation What“ beim Sinus-Institut.