Drastische Misshandlungen
Ein Mann liegt gefesselt auf dem Boden, ein zweiter stellt ihm dem Fuß auf den Nacken und posiert für die Kamera. Dieses Foto aus der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in Burbach ging im September 2014 um die Welt und schockierte die Öffentlichkeit. Vor dem Landgericht in Siegen müssen sich jetzt 30 ehemalige Mitarbeiter der Unterkunft in Burbach für die Vorfälle verantworten. Angeklagt sind Sozialarbeiter, Mitglieder der Heimleitung und des Wachdienstes.
Strukturelle Ursachen
Es handelt sich bei Burbach um keinen Einzelfall, so Bernd Mesovic von Pro Asyl. Vielmehr zeigt sich in der jahrzehntelangen Erfahrung des Aktivisten, dass die Ursachen für derartige Missstände strukturell bedingt sind.
Flüchtlingsunterkünfte sind problematisch, weil viele Menschen zum Leben auf engstem Raum gezwungen sind. – Bernd Mesovic, Pro Asyl
Mit wachsender Größe der Unterkunft verschlechtern sich auch die Lebensbedingungen der Geflüchteten. Zudem gibt es häufig keine klaren Absprachen zwischen den Beteiligten. Es herrscht oft ein Mangel an Kommunikation zwischen Heimbetreibern, den Sicherheitskräften, den Sozialarbeitern und den Behörden. Auch das kann zu einer Eskalation von Konflikten beitragen.
Verbindliche Mindestanforderungen nötig
Ein weiteres Problem ist die Privatisierung der Betreiberfirmen und ihre marktwirtschaftliche Größe. Es gewinnt letztendlich der Anbieter mit dem billigsten Angebot. Und das bedeutet häufig auch Einsparungen beim Personal. Dennoch gibt es auch viele Kommunen, die eine menschenwürdigere Unterbringung in kleineren Unterkünften und besserer Betreuung organisieren.
Ich hoffe, dass das Burbacher Verfahren wirklich klärt, wie die Gesamtverantwortung verteilt ist und damit eine Präzedenzwirkung hat. – Bernd Mesovic
detektor.fm-Moderatorin Barbara Butscher hat mit dem Leiter der Abteilung Rechtspolitik von Pro Asyl, Bernd Mesovic, über die Zustände in deutschen Flüchtlingsunterkünften gesprochen.
Redaktion: Clara Schulze