Ausnahmslos in der Sterbehilfe
Das Bundesamt für Arzneimittel und Medikamente (BfArM) soll ein Urteil einfach ignorieren. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) soll das Amt dazu angewiesen haben. Darum geht’s: 2017 hat das Bundesverwaltungsgericht Leipzig entschieden, dass die Herausgabe von Medikamenten, mit denen sich Sterbende das Leben nehmen können, nicht kategorisch verboten werden darf.
In sogenannten „extremen Ausnahmefällen“ müsse die Lage individuell geprüft werden. Das BfArM kann dann im Notfall ein Mittel verschreiben, das einen würdevollen und schmerzlosen Tod möglich macht. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) soll aber bereits letzten Sommer das BfArM angewiesen haben, ausnahmslos alle Anträge auf tödliche Medikamente abzulehnen.
Das geht aus internen Dokumenten des Ministeriums hervor, die der Tagesspiegel nun veröffentlichte.
Man kann nicht dieses einzig taugliche Mittel für einen humanen Suizid „ausnahmslos“ verbieten. – Wolfgang Putz, Rechtsanwalt für Medizinrecht und Lehrbeauftragter für Medizinrecht an der LMU München
Darf sich Spahn widersetzen?
Ministerien sind – wie alle anderen Organe – an die Entscheidungen der Gerichte gebunden. Das gehört zum Prinzip des Rechtsstaats. Aus den Dokumenten, die dem Tagesspiegel vorliegen, geht hervor, dass Spahn bereits wusste, was er tut. Darin findet sich eine Notiz, demzufolge die Vorgehensweise „unter rechtsstaatlichen Aspekten nicht unheikel“ sei.
Das BfArM hat mittlerweile mehr als 90 der 123 Anfragen abgelehnt. 22 der Antragssteller sind in der Zwischenzeit verstorben. Mittlerweile sind deswegen auch Unterlassungsklagen gegen das BfArM eingegangen.
Was Sterbehilfe mit dem Prinzip des Rechtsstaats zu tun hat, darüber spricht detektor.fm-Moderatorin Bernadette Huber mit Wolfgang Putz. Er ist Rechtsanwalt für Medizinrecht und Lehrbeauftragter für Medizinrecht an der LMU München.
Redaktion: Johannes Rau