Streitpunkt: Feiertage
Die Debatte um eine vermeintliche ‚Islamisierung des Abendlandes‘ hat in der letzten Woche einen neuen Anstoß gefunden. Thomas de Maizière hat einen deutschlandweiten muslimischen Feiertag vorgeschlagen. Dabei ist eigentlich klar, dass es keinen weiteren Feiertag geben wird. Denn die Diskussion um deutsche Feiertage läuft schon länger. Und zwar in eine ganz andere Richtung: Viel dringlicher als die Frage nach einem weiteren Feiertag, ist die Überlegung, ob das derzeitige Feiertags-System überhaupt noch Zukunft hat.
Feiertage sind anders als Urlaub. An diesen seltenen Tagen steht nicht nur die Produktion, sondern auch der Konsum größtenteils still. Was für die Arbeitnehmer Entlastung verspricht, sehen Wirtschaftsforscher und Ökonomen eher kritisch. So sorgten sich Wirtschaftswissenschaftler schon 2016 wegen des deutschlandweiten Extra-Feiertags im Reformationsjahr 2017. Es ist daher nicht verwunderlich, dass immer wieder Forderungen laut werden, bestimmte Feiertage abzuschaffen oder zumindest das Arbeitsverbot aufzuheben.
Es gibt momentan eine große Debatte, ob wir uns das angesichts einer globalisierten Welt überhaupt noch leisten können. – Prof. Ulrich Willems, Universität Münster
Religiöse Feiertage in einem säkularen Staat?
Begründet wird das nicht zuletzt mit der religiösen Tradition von Feiertagen. Nahezu alle Feiertage in Deutschland haben einen christlichen Hintergrund. Dabei sind mehr als vierzig Prozent der deutschen Bevölkerung konfessionslos. Wenn religiöse Feiertage also nicht genutzt werden, um den eigenen Glauben zu vertiefen, ist es vielleicht an der Zeit, die Feiertage komplett neu zu denken.
Man wird also überzeugende Begründungen für Feiertage brauchen. Und natürlich lassen sich alle möglichen Feiertage denken. Vielleicht richten wir mal einen Feiertag zur Gründung der europäischen Union ein. – Prof. Ulrich Willems
Mögliche ökonomische Alternativen wären weitere Urlaubstage für Beschäftigte, die zur freien Verfügung stehen. Und auch der Anlass der Feiertage lässt sich weltlicher gestalten. Etwa nach dem Beispiel der USA. Dort erinnern die Feiertage meist an Ereignisse in der Geschichte des Landes. Un in Großbritannien werden Feiertage, die auf einen Sonntag fallen, ohne Umstände auf den nächsten Werktag gelegt.
Trotz dieser denkbaren Alternativen haben religiöse Feiertage laut Ulrich Willems auch heute noch teilweise ihre Berechtigung, zum Beispiel als symbolisches Zeichen der Integration. detekor.fm-Moderatorin Juliane Neubauer hat mit Prof. Ulrich Willems von der Universität Münster über die Relevanz religiöser Feiertage in Deutschland gesprochen.