Ob SS-Runen, Hakenkreuze oder die schwarze Sonne: rechte Symbole kennt Irmela Mensah-Schramm in- und auswendig. Seit mehr als 30 Jahren entfernt die Rentnerin Nazigraffitis in ganz Deutschland. Sich selbst nennt sie „Polit-Putze“. Ohne Spachtel, Edding und Spraydose geht sie nicht mehr aus dem Haus.
Nun wurde sie von einem Berliner Gericht wegen Sachbeschädigung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
Mensah-Schramm hatte in einer Zehlendorfer Unterführung den Spruch „Merkel muss weg“ mit pinker Schrift in „Merke! Hass weg!“ umgeändert und noch ein paar Herzchen hinzugefügt. Das Amtsgericht Tiergarten wollte den Fall eigentlich wegen Geringfügigkeit einstellen, doch die zuständige Staatsanwältin ließ nicht locker. Durch die pinke Schrift und die Größe des Tags sei Mensah-Schramms Korrektur noch auffälliger als der vorherige Schriftzug und damit Sachbeschädigung.
Farbe und Lösungsmittel gegen Hass
Nun gehen sowohl Mensah-Schramm als auch die Staatsanwaltschaft in Berufung. Erstere, weil sie die Strafe als nicht gerecht empfindet, letztere, weil sie mehr als eine Bewährungsstrafe haben möchte.
Dabei hat Mensah-Schramm für ihr Engagement schon viel Lob eingeheimst. Sie ist unter anderem Trägerin des Göttinger Friedenspreis, wurde mit dem Erich-Kästner-Preis des Presseclubs Dresden bedacht und trug für eine Weile die Bundesverdienstmedaille. Die gab sie zurück, als sie im Jahr 2000 an den CDU-Politiker und NPD-Kandidaten Heinz Eckhoff verliehen wurde, der auch Mitglied der SS war.
Außerdem engagiert sie sich in der Flüchtlingshilfe, gibt Workshops an Schulen und ist öfters auf Demonstrationen für Flüchtlingsheime und gegen Rassismus zu sehen.
Kein Vorbild trotz Verdienstmedaille?
Nicht zuletzt war ihre Arbeit dieses Jahr Teil der Ausstellung „Angezettelt“ im deutschen historischen Museum in Berlin. Dort wurden antisemitische und rassistische Aufkleber ab dem 19. Jahrhundert ausgestellt. Im aktuellen Prozess bemängelte die Staatsanwaltschaft, Mensah-Schramms Tätigkeit habe keine Vorbildfunktion. Sie sollte sich eine andere Form der Meinungsäußerung suchen.
Irmela Mensah-Schramm selbst ist Jahrgang 1945 und infolge ihres Engagements nicht zum ersten Mal in Konflikt mit Behörden geraten. Sie hat mit detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser über den alltäglichen Hass auf Deutschlands Wänden, die Inaktivität deutscher Behörden und die Frage, warum sie nun erst Recht ihr Verdienstkreuz zurückgegeben hätte, gesprochen.
Redaktion: Martin Peters