Der Mythos St. Pauli
„Zum Silbersack“, „Zum Goldenen Handschuh“ oder das „Hans-Albers-Eck“ – der Hamburger Stadtteil St. Pauli ist für seine kultigen Kneipen weltberühmt. Das Stadion am Millerntor, der gleichnamige Fußballclub, die frühen Beatles und die Reeperbahn machen den Mythos des Amüsierviertels komplett.
St. Pauli – das bedeutet aber auch lattenstramme Partytouristen, Kioske, die Alkohol zu Kampfpreisen ausschenken, und wildpinkelnde Feierwütige. 14 Millionen Touristen buchten 2017 eine Übernachtung im Szene-Viertel. Jeder vierte Gast kam aus dem Ausland. Der Kiez boomt also.
Tourismus als Problem
Der Stadtteil im Herzen Hamburgs hat dabei mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie Amsterdam und Barcelona. Dort werden Einheimische von den Touristenmassen immer mehr verdrängt.
Beim Weltkulturerbe denkt man häufig an das materielle Kulturerbe. Aber das kommt bei St. Pauli gar nicht infrage. Sondern es geht um das immaterielle Kulturerbe. Und das soll Lebendigkeit und Vielfalt erhalten. – Eva Decker, Mitorganisatorin der Initiative „Kulturerbe St. Pauli“
Der Geist der Szeneviertel fällt dadurch oft dem Billigtourismus zum Opfer. Zwar freuen sich die Tourismusverbände über solche Entwicklungen, die Anwohner hingegen beschweren sich über Lärm und steigende Mieten. Manchmal ist Flair eben nicht nur ein Segen.
Die UNESCO als Retter?
Ein Ansatz, um dieses Problem zu lösen, kommt nun aus dem Viertel selbst: Der Stadtteil soll UNESCO Weltkulturerbe werden. Das jedenfalls fordert die Initiative „Kulturerbe St. Pauli“.
Damit soll der „Disneysierung“ der Partymeile entgegengewirkt werden. Schließlich sei der Hamburger Kiez „ein 400 Jahre gewachsener Kultur- und Lebensraum“, wie es Initiatorin Julia Staron gegenüber dem Stern formulierte. „Wir wollen mit der Bewerbung auch international Aufmerksamkeit dafür, dass St. Pauli keine Kulisse ist“, so Staron weiter.
Was sich die Initiative davon verspricht und woher die durchaus ungewöhnliche Idee kommt, darüber spricht detektor.fm-Moderatorin Eva Morlang mit Eva Decker. Sie ist Mitorganisatorin der Initiative.
Redaktion: Sebastian Ernst