In Berlin eskaliert ein Streit um besetzte Häuser, und auf Sylt wandern die Insulaner aufs Festland ab, weil sie die Miete auf der Insel nicht mehr zahlen können. Die Klage über Gentrifizierung kennt wohl jeder, der einmal in einer Großstadt gewohnt hat. Denn in den meisten deutschen Städten steigen die Mieten immer weiter an, dieses Jahr so stark wie seit über zehn Jahren nicht mehr.
Eine Stadt, die sich über diese Probleme nicht beklagt, ist Wien. Anders als in anderen europäischen Großstädten ist Wohnraum dort noch bezahlbar. Etwa 60 Prozent der Wiener wohnen in geförderten Wohnungen. Und das sind keine grauen Plattenbauten am äußeren Stadtrand. Ökologisch, nachhaltig und zentrumsnah ist der vom Staat subventionierte Wohnraum.
Man kann die Grundvoraussetzungen von heute auf morgen nicht schaffen. – Dr. Kurt Puchinger, ehemaliger Planungsdirektor in Wien
Die heutige Wohnsituation in Wien ist das Resultat langjährig angelegter Strukturen. Dabei profitiert die Stadt sogar noch aus den Zeiten der Österreichisch-Ungarischen Monarchie: Große Flächen, die damals für den Ausbau des Eisenbahnnetzes gebraucht wurden, stehen jetzt den Stadtplanern zur Verfügung.
Ein weiteres wesentliches Element ist der sogenannte „Wohnfond“ – ein Fond der Stadt Wien, dessen Hauptaufgabe es ist, Grundstücke für den geförderten Wohnungsbau zu finanzieren. Denn ohne Grundstück, keine Wohnungen – logisch.
Ökologischer und nachhaltiger Wohnungsbau
Die Stadtplaner der österreichischen Hauptstadt legen beim Bau von geförderten Wohnungen besonders viel Wert auf Bau-Ökologie und Freiraumqualitäten. Waschbeton und triste Innenhöfe – das Bild vom typischen Sozialbau – ist in Wien nicht der Standard.
Den geförderten Wohnungsbau lässt sich Wien allerdings auch etwas kosten: Jährlich investiert die Stadt 680 Millionen Euro in bezahlbaren Wohnungsbau. Im Vergleich: Berlin unterstützt mit 64 Millionen Euro Sozialwohnungen – und ist dabei doppelt so groß wie die österreichische Hauptstadt.
Warum Wohnraum in Wien ausreichend vorhanden und so erschwinglich ist, darüber hat detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser mit dem ehemaligen Wiener Planungsdirektor Dr. Kurt Puchinger gesprochen.