Boomtown Berlin – die Hauptstadt wächst und wächst. Übler Nebeneffekt: Die Mieten steigen teils rasant. Deshalb hat Berlin im vergangenen Juni als erstes Bundesland die sogenannte „Mietpreisbremse“ eingeführt. Das Gesetz soll vor allem in Großstädten sprunghafte Mieterhöhungen verhindern. In ausgewiesenen Gegenden dürfen die Preise nur noch zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. In Berlin gilt das im gesamten Stadtgebiet.
Knapp ein Jahr nach ihrer Einführung zeigt eine Studie des Forschungsinstituts RegioKontext im Auftrag des Berliner Mietervereins: Die Mietpreisbremse wirkt nur unzulänglich. Laut der Studie sind die Mieten in Berlin im Schnitt um 31 Prozent höher als zulässig, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Hohe Mieten, wenig Sanktionsmöglichkeiten
Ein wesentliches Problem der Mietpreisbremse: Der Vermieter kann trotz des Gesetzes zunächst einmal eine höhere Miete verlangen. Erst wenn der Mieter dieses Vorgehen rügt, wird es interessant. Außerdem kann eine Rückforderung lediglich ab dem Zeitpunkt der Rüge erfolgen, nicht ab Abschluss des Mietvertrages.
Dem Vermieter spielt die Zeit in die Hände: Solange der Mieter untätig bleibt, hat der Vermieter eigentlich keine Konsequenzen zu fürchten. – Wibke Werner, Berliner Mieterverein
Um überhaupt von ihrem Recht Gebrauch machen zu können, müssen die Mieter aber erst einmal davon wissen. Auch hier sieht der Mieterverein Verbesserungsbedarf. Viele Mieter wissen nichts von ihren Möglichkeiten und zahlen überteuerte Mieten. Zudem scheuen laut Mieterverein auch viele den Konflikt mit dem Vermieter und zahlen lieber zu hohe Mieten, als ihre Wohnung auf’s Spiel zu setzen.
Gesetzesänderung notwendig?
Seit einem Jahr reden wir gebetsmühlenartig auf die Politik ein und sagen, dass hier dringend Korrekturen an der Mietpreisbremse erforderlich sind. – Wibke Werner
Erste Vorstöße aus der Politik gibt es bereits: Der Berliner Bausenator Andreas Geisel (SPD) wirbt derzeit für eine Bundesratsinitiative zur Ergänzung der Mietpreisbremse. Er will Vermieter verpflichten, die zuvor verlangten Preise anzugeben. Bisher müssen sie erst dann Verträge vorlegen, wenn es zu einem Gerichtsverfahren kommt.
Und auch auf Bundesebene kommt Bewegung in die Bremse. So sagte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium Ulrich Kelber (SPD) in der Süddeutschen Zeitung: „Wir behalten die Entwicklungen im Blick.“ Sollte sich herausstellen, dass die Mietpreisbremse nicht greift, müsse dafür gesorgt werden, dass das Gesetz verändert wird. Allerdings wolle das Ministerium dazu erst eine Auswertung im Jahr 2017 abwarten.
Wieso das Gesetz aktuell nicht so greift wie geplant und welche Änderungen notwendig sind, darüber hat detektor.fm-Moderatorin Maj Schweigler mit der stellvetretenden Vorsitzenden des Berliner Mietervereins Wibke Werner gesprochen.