Erinnern an den Sieg
Am 9. Mai wird der „Tag des Sieges“ in Russland begangen. Denn an diesem Tag hat die Wehrmacht 1945 die bedingungslose Kapitulation unterzeichnet. Nun wird jedes Jahr an diesem Datum der Sieg über die Nationalsozialisten gefeiert und dem Ende des sogenannten „Großen Vaterländischen Krieges“ gedacht.
Doch die russische Erinnerungskultur zu diesem Ereignis ist komplex. Schon Stalin hat das Feiern des Krieges als problematisch betrachtet, da es seiner Ansicht nach die noch frischen Leiden wachhielt. Auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurden die Feierlichkeiten zum „Tag des Sieges“ ausgesetzt.
Symbol der militärischen Macht
Erst unter Putin wird der „Tag des Sieges“ wieder als bedeutender Feiertag mit großem Pomp begangen. Große militärische Paraden mit tausenden Soldaten, Panzern, Flugzeugen und Feuerwerk begleiten die Feierlichkeiten auf dem roten Platz in Moskau. Damit wird das Bild einer heroischen Militärnation vermittelt und an das Selbstverständnis als politische Großmacht zu Sowjetzeiten angeknüpft. Außerdem dienen die Paraden dazu militärische Macht zu demonstrieren.
Kein Platz für Leid
Wenig Platz lässt die staatliche Erinnerungskultur dabei allerdings für Erfahrungen von Leid und Verlust während des Krieges. Die sind vor allem in der älteren Generation, die die Folgen des Krieges noch direkt miterlebt hat, weiterhin präsent.
Dazu kommen Erinnerungen individueller Art, die nicht ganz aufgehen in der staatlichen Erzählung, die ja in hohem Maße geglättet und triumphalistisch ist und die die Aspekte des individuellen Leides nicht ausleuchten kann. – Dr. Martin Schulze-Wessel, Professor für Geschichte Ost- und Südosteuropas an der LMU München
Über die russische Erinnerungskultur am „Tag des Sieges“ und deren Wahrnehmung in der Bevölkerung spricht detektor.fm-Moderatorin Bernadette Huber mit Martin Schulze-Wessel. Er ist Professor für Geschichte Ost- und Südosteuropas in München.
Redaktion Yannic Köhler