Hier wird Pietät noch großgeschrieben
Roger Willemsens Krankheit und Tod sind ein gefundenes Fressen für die Regenbogenpresse. Bereits im vergangenen Jahr konnte die „TV Movie“ mit einer besonderen Geschmacklosigkeit im Zusammenhang mit Roger Willemsen glänzen. Jetzt beteiligen sich auch die Hobby-Psychologen der „Freizeit Spass“. Die lassen ihre Leser erst mal um ein paar Ecken denken.
Die „Freizeit Spass“ traut ihren Leserinnen und Lesern offenbar nicht zu, auf der Titelseite über Roger Willemsen informiert zu werden. Sie müssen die Geschichte erst mal über die Schauspielerin Iris Berben verkaufen. – Moritz Tschermak, Topf voll Gold
Iris Berben strebt nach dem ewigen Leben
Die Schauspielerin schaut auf einem Foto, das nach der Trauerfeier für Willemsen aufgenommen wurde, ziemlich traurig aus. Ist verständlich, sie war ja gerade auf einer Beerdigung. Doch steckt vielleicht mehr hinter dem niedergeschlagenen Blick der Berben?
Die „Freizeit Spass“ hat jedenfalls keine Kosten und Mühen gescheut und hat ein Stern-Interview von 2012 ausgegraben, in dem Iris Berben erzählt, dass sie Angst vor dem Sterben hat. Und einen Selbstmordversuch mit 20 Jahren hatte sie ja auch. Für die Regenbogenpresse fügt sich jetzt schon alles zusammen: Die Beerdigung von Roger Willemsen habe bei Iris Berben die Angst vor dem Tod neu geschürt.
Doch die „Freizeit Spass“ hat auch ein Herz und hofft, dass sich ihr Sohn Oliver und Lebensgefährte Heiko Kiesow gut um sie kümmern.
Das ist natürlich immer die blöde Bigotterie der Redaktionen. Das ist ganz typisch, bei jeder Schuhmacher-Geschichte, bei jeder Geschichte, die irgendwie mit Verlust und Krankheit zu tun hat, da lautet der letzte Absatz immer: Das ist ganz schlimm, aber wir hoffen, dass sie die Krise überstehen. Die schlachten da das vorhandene Leid der Personen aus und tun am Ende noch so, als wären sie ganz versöhnlich. – Moritz Tschermak
Wir hoffen natürlich, dass jemand der Freizeit-Presse durch die schwere Zeit hilft, wenn Iris Berben wieder lächelnd über den Roten Teppich läuft.
Mit welchem Fingerspitzengefühl die Regenbogenpresse in dieser Woche im Umgang mit trauernden Menschen glänzt, darüber hat detektor.fm-Moderator Alexander Hertel mit Moritz Tschermak vom Topf voll Gold gesprochen.
Redaktion: Christopher van der Meyden
Die Regenbogenpresse in Deutschland ist heiß, aber nur heimlich begehrt. Alltagssituationen, aufgeblasen zu dramatischen Seifenopern der Regenbogen-Realität. Für ihren Blog Topf voll Gold wühlen sich Mats und Moritz Woche für Woche durch die deutsche Regenbogenpresse. Zwei Journalisten auf der vergeblichen Suche nach Seriosität.