Zur Überraschung vieler hat sich ein Thema ins neue Jahr hinüber gerettet, dem viele im alten Jahr eigentlich einen schnellen Tod vorhergesagt hatten. Die Kreditaffäre um Christian Wulff. Der Bundespräsident ist erneut und stärker als zuvor in die Kritik geraten, weil er bei der BILD-Zeitung die Berichterstattung über ihn und seine Frau verhindern wollte. Er sprach dem BILD-Chef auf die Mailbox, und darum ist dieser Anruf auch der Nachwelt erhalten geblieben. Und so kommt es, dass immer noch über überall Christian Wulff diskutiert wird.
Ist das Thema denn wirklich so wichtig? Manchmal ist ein wenig Abstand ja ganz gut, um den Blick zu schärfen. Und den wollen wir heute einnehmen. Wir fragen bei Kollegen im Ausland nach, wie die Causa Wulff dort so betrachtet wird. Beginnen wollen wir mit Jürgen Krönig, der aus London unter anderem für die «ZEIT» berichtet. Und danach sprechen wir mit Peter Ehrlich, dem Leiter des Brüsseler Büros der «Financial Times Deutschland».
Sie fanden sie fast absurd. Sie sagten: ein bisschen typisch deutsche Hysterie. Die Deutschen neigen ja zu einer Selbstbespiegelung und einer oft für das Ausland neurotisch anmutenden Übertreibung. (Jürgen Krönig zur Reaktion britischer Journalisten)
Die Frage der Fragen, zumindest im Inland, ist also: Bleibt er oder geht er? Der Bundespräsidenten spielt, da er nicht durch direkt durch die Bürger gewählt wird und im Land als moralische Instanz fungieren soll, natürlich eine besondere Rolle. Ein Rücktritt würde bedeuten, dass es nach Horst Köhler innerhalb kürzester Zeit erneut ein Bundespräsident nicht durch eine gesamte Amtszeit schafft.
Grund genug, darüber mit jemandem zu sprechen, der sich Rücktritten ganz besonders aufmerksam widmet: mit Michael Philipp, dem Autor des Buches „Persönlich habe ich mir nichts vorzuwerfen – Politische Rücktritte in Deutschland von 1950 bis heute„.