#unten: Alltag in Armut
Fast täglich hören wir in den Nachrichten, wie gut es der deutschen Wirtschaft gerade geht. Umso frappierender ist es, dass in Deutschland, je nach Definition des Begriffs, etwa 12,9 Millionen Menschen in Armut leben. Als arm gilt, wer über weniger als 60% des mittleren Einkommens verfügen kann. Menschen, die hierzulande mit geringem Einkommen leben, erfahren in ihrem Alltag auch heute noch zahlreiche Hindernisse und Vorurteile.
Wenn deine alleinerziehende Mutter beim Elternsprechtag in der fünften Klasse von deinem rechtskonservativen Klassenlehrer zu hören bekommt: Solche Kinder wie ihres haben auf einem Gymnasium nichts verloren. #unten
— Sebastian Friedrich (@formelfriedrich) November 8, 2018
Der Teufelskreis der Aufstiegsideologie
Auf Twitter sind derzeit viele dieser Geschichten unter #unten zu lesen. Ähnlich zu #metoo und #metwo werden auch hier Diskriminierungserfahrungen und Lebenswirklichkeiten geteilt. Ähnlich wie Sexismus und Rassismus, ist auch Armut noch immer ein Tabuthema. Ein großer Teil des Stigmas hängt zusammen mit der falschen Annahme, man könne sich aus eigener Kraft aus dem Dilemma „herausarbeiten“, erzählt auch Katharina Schmitz, Journalistin bei der Wochenzeitung Der Freitag.
Das fängt schon bei der Bildung an. Es wird viel von der Chancengleichheit gesprochen, dabei spielen aber formale Kriterien eine Rolle. […] Das heißt formal haben sie vielleicht die Abschlüsse. Aber es fehlt ihnen das ökonomische, kulturelle und soziale Kapital sich in dieser Welt, die immer noch über Aufstiegsideologien funktioniert, aus der Unterschicht heraus zu arbeiten. – Katharina Schmitz
Geringes Einkommen und der Empfang von Sozialleistungen betreffen bei Weitem nicht nur einen kleinen Teil der Bevölkerung. Und obwohl #unten auf Twitter wohl eine eher beschränkte Zielgruppe erreicht, stoßen die Berichte zumindest eine Debatte an, die auch in Deutschland überfällig ist.
Über #unten und die Folgen sozialer Ungleichheit hat detektor.fm-Moderatorin Helena Schmidt mit Katharina Schmitz von der Wochenzeitung Der Freitag gesprochen.
Redaktion: Valérie Eiseler