„Deutschland hilft, wo Hilfe geboten ist. Das muss natürlich in der Praxis umgesetzt werden“, hatte Angela Merkel nach ihrem Besuch in Heidenau gesagt. In der Praxis sah das dann so aus: die sächsischen Behörden sprachen für das darauffolgende Wochenende ein Versammlungsverbot in Heidenau aus. Auch ein Willkommensfest für Flüchtlinge war davon betroffen.
Der Bonner Jurastudent Michael Fengler wollte das nicht hinnehmen – und hat sich durch alle Instanzen bis ganz nach oben darum gestritten.
Hin & Her um Versammlungsverbot in Heidenau
Nach den Gewaltausschreitungen vor der Flüchtlingsunterkunft in Heidenau hatte das Landratsamt von einem „polizeilichen Notstand“ gesprochen: Die Polizei könne nicht für die Sicherheit der Demonstrationen garantieren. Deswegen hatte die Behörde ein Versammlungsverbot von Freitag bis Montag ausgesprochen. Davon war auch das Willkommensfest für Flüchtlinge am Freitagnachmittag betroffen, an dem Michael Fengler teilnehmen wollte:
Ich habe mich sehr darüber geärgert. Man kann doch nicht einer ganzen Stadt ein ganzes Wochenende lang verbieten, dass Menschen gemeinsam ihr Meinungsäußerungsrecht wahrnehmen. Deswegen habe ich Widerspruch eingelegt. – Michael Fengler, Jurastudent
Zwar hat das Oberverwaltungsgericht in Bautzen dem Widerspruch des Studenten aus Bonn stattgegeben und das Willkommensfest erlaubt. Aber das Versammlungsverbot für das restliche Wochenende blieb bestehen. Außerdem sollte der Jurastudent 90 Prozent der Verfahrenskosten tragen: rund 1.000 Euro.
Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gilt für Jeden
Am Samstagmorgen meldete sich Vizekanzler Sigmar Gabriel telefonisch bei Michael Fengler, gratulierte ihm zum Erfolg vor Gericht und bot an, die Kosten des Verfahrens zu übernehmen. Trotz des Lobes aus der Bundespolitik: Fengler hat die verspätete Erlaubnis für das Willkommensfest nicht gereicht.
Er stellte einen Eilantrag an das Bundesverfassungsgericht, das Versammlungsverbot in Heidenau vollständig aufzuheben. Am Samstagmittag gab ihm dann auch das höchste deutsche Gericht recht. Die Begründung:
Das […] Wochenende ist oftmals die einzige Möglichkeit, sich am Prozess der öffentlichen Meinungsbildung durch ein „Sich-Versammeln“ zu beteiligen und im Wortsinne „Stellung zu beziehen“. – Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts
Über seinen Einsatz für die Versammlungsfreiheit hat detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser mit Michael Fengler gesprochen.
Redaktion: Sandro Schroeder