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Menschen mit geistiger Behinderung können trotz Vollbetreuung eine politische Meinungen haben. Foto: Miriam Doerr-Martin | shutterstock.com
Bild: Miriam Doerr-Martin | shutterstock.com

Kein Wahlrecht für Menschen mit geistiger Behinderung

Zeit für eine Wende

Heute ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung. Er wurde von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen, um Menschen mit Behinderung nicht auszugrenzen. Dazu gehört auch politische Teilhabe. Doch in Deutschland dürfen rund 80 000 Menschen mit geistiger Behinderung nicht wählen. Warum ist das so?

Das Wahlrecht ist sowohl Privileg als auch Bürgerrecht. Denn Wählen ist ein Eckpfeiler der Demokratie und ein Grundrecht auf Teilhabe an der politischen Gestaltung.

Wahlrecht: Exklusion statt Inklusion

Doch rund 80 000 Menschen sind vom Wahlrecht ausgeschlossen, weil sie eine geistige Behinderung haben und in ständiger Betreuung leben. Grundlage ist der Paragraf 13 des Bundeswahlgesetzes – „Ausschluss vom Wahlrecht“. Demnach können sich dauerhaft betreute Menschen nicht um ihre „Angelegenheiten“ wie Arzttermine oder Behördengänge kümmern. Die Annahme: Menschen mit Totalbetreuung können nicht selbst entscheiden und würden sich bei Wahlen leicht beeinflussen lassen. Das Gesetz will also Manipulation und Missbrauch vorbeugen.

Das kann man so pauschal überhaupt nicht sagen, denn ich kenne auch viele Menschen mit geistiger Behinderung oder psychischen Störungen, die Betreuung haben und sich durchaus politisch äußern. Die wollen sich auch an den Wahlen beteiligen. – Ulla Schmidt, Lebenshilfe e. V.

Länderebene ja, Bundesebene nein

Deswegen setzen sich Verbände, Behindertenbeauftragte und Politiker seit Jahren dafür ein, dass der Wahlausschluss abgeschafft wird. Einige Bundesländer haben das Wahlrecht für Menschen mit geistiger Behinderung auf Länderebene bereits eingeführt. Darunter Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.

Es ist gar nicht hinnehmbar. Ich kann das gar keinem mehr erzählen, warum er in Nordrhein-Westfalen bei der Landtagswahl wählen darf. Aber wenn dann die Bundestagswahl kommt, darf er nicht wählen, weil er unter voller Betreuung steht. Es wird langsam Zeit, dass alle die gleichen Rechte haben. – Ulla Schmidt

Ähnlich sehen das auch andere europäische Staaten. In den Niederlanden, Irland oder auch Finnland sind Menschen mit Behinderungen nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen.

Warum es Zeit wird, dass Menschen mit Behinderung endlich auch auf Bundesebene wählen dürfen und auch politisch stärker eingebunden werden, hat detektor.fm-Moderator Christian Erll mit der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt besprochen. Sie ist die Bundesvorsitzende des Lebenshilfe e. V. und setzt sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung ein.

Ulla Schmidt - ist Bundesvorsitzende des Lebenshilfe e.V.

ist Bundesvorsitzende des Lebenshilfe e.V.
Wenn wir wollen, dass Menschen gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben, dann gehört dazu auch, Teil der Demokratie mit allen Rechten und Pflichten zu sein. Deswegen ist es ein Skandal, dass ca. 80 000 Menschen vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.Ulla Schmidt
Kein Wahlrecht für Menschen mit geistiger Behinderung 07:19

Redaktion: Lina Bartnik


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