Großbreitenbach im Jahr 1990: Die ehemaligen DDR-Bürger bekommen ihr Begrüßungsgeld in D-Mark ausgezahlt. Am Geldschalter zählt man die Scheine und die Gesichter strahlen. Regisseur Gerd Conradt ist mit einem Kamera-Team vor Ort und fragt die Einwohner des 3.000-Seelen-Ortes, wofür sie das Westgeld ausgeben werden. „Eine Tiefkühltruhe“, „Eine Reise an die Ostsee“ oder „Für einen Videorekorder“ lauten die Antworten. Für viele ist es ein fröhlicher Moment. Conradt bleibt und filmt bis zur ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl im Dezember 1990. Aus den Aufnahmen entsteht später der Film „Blaubeerwald“.
Der Ort: Großbreitenbach
Conradt selbst hat nur wenige Jahre in dem Ort verbracht. Es ist aber die Heimat seines Vaters. Daher zieht es ihn immer wieder zurück. Immer mehr Menschen verlassen den Ort – ohne zurückzukommen. Seit Jahrzehnten schrumpft die Einwohnerzahl in Großbreitenbach. Aber was bewegt die Übriggebliebenen im Alltag, was erwarten sie von der Politik? Schon 2009 hatte Conradt die Großbreitenbacher vor der Bundestagswahl begleitet.
Es ist Wahlkampf und der ist zu spüren. […] Es muss nicht immer über die Wahl gesprochen werden. – Gerd Conradt
Nun, im Jahr 2017, ist Conradt wieder mit seiner Kamera vor Ort. Großbreitenbach ist längst Teil der Bundesrepublik geworden. Streaming-Dienste haben die Videorekorder abgelöst und auch Tiefkühltruhen und Urlaubsreisen sind Normalität geworden.
Das Ziel: Wahlbeteiligung von 100 Prozent
In der Webserie „Großbreitenbach 100 %“ zeigt er die Bürger in ihrem Alltag. Die Wahl scheint dabei eine nur untergeordnete Rolle zu spielen. Sie ist selten direktes Gesprächsthema und doch leitendes Motiv der Serie. Conradt möchte keine Wahlwerbung mit seiner Serie machen. Aber er wünscht sich eine Wahlbeteiligung von 100 Prozent für den kleinen Ort. Daher auch der Name der Serie.
detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser hat mit dem Regisseur Gerd Conradt über seine Webserie „Großbreitenbach 100%“ gesprochen.