Querdenker-Demo: Versammlungsfreiheit um jeden Preis?
„Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“ Das steht zum Demonstrationsrecht im Grundgesetz. Aber eben auch, dass dieses Gesetz durch ein anderes Gesetz beschränkt werden darf. Aufgrund des Infektionsschutzgesetzes werden seit März Demonstrationen nur unter strengen Auflagen erlaubt, teilweise auch abgesagt.
Es handelt sich um eine Güter-Abwägung: Das Demonstrationsrecht soll geschützt werden, die Gesundheit der Bevölkerung aber ebenso. Wegen Nichteinhaltung der Hygieneauflagen ist am Samstag auch die Querdenker-Demo in Leipzig aufgelöst worden, an der über 20 000 Menschen teilgenommen haben. Weiter demonstriert wurde trotzdem.
Erst verlegt, dann doch genehmigt
Eigentlich hatte das Verwaltungsgericht Leipzig die Demonstration von der Leipziger Innenstadt auf das Messegelände verlegt. Die Begründung: Im Stadtzentrum sei nicht genug Platz vorhanden, um die Hygienemaßnahmen einhalten zu können. Die nächsthöhere Instanz, das Oberverwaltungsgericht in Bautzen, hat dieses Urteil dann aber wieder gekippt. Die „Querdenker“ durften am Ende doch durch die Innenstadt ziehen.
Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts hat Empörung und Unverständnis ausgelöst. Denn auch nach der offiziellen Auflösung der Demonstration war die Polizei nicht in der Lage, für Ordnung und Sicherheit zu sorgen. In München war für Sonntag ebenfalls eine Demonstration der „Querdenker“ angekündigt. Diese hat das dortige Verwaltungsgericht verboten. Die Gefahr wegen Nichteinhaltung der Schutzmaßnahmen sei zu groß.
Wie kann es zu so unterschiedlichen Rechtsprechungen kommen? Und warum dürfen solche Großdemos überhaupt stattfinden, obwohl sich gleichzeitig nur noch zwei Haushalte treffen dürfen? Das hat detektor.fm-Moderatorin Lara-Lena Gödde Christoph Gusy gefragt. Er ist Professor für Öffentliches Recht, Staatslehre und Verfassungsgeschichte an der Universität Bielefeld.