Eine Stadt ohne Staat
Gesetze, Gesundheit, Bildung, Umweltfragen bis hin zu Polizei und Militär – in Privatstädten liegt das, was sonst vom Staat geregelt wird, rein in den Händen von Unternehmen. Die Ideologie, die dahinter steht, ist nicht unbedingt neu. Schon vor über 100 Jahren waren neoliberale Ökonomen wie Friedrich August von Hayek oder Milton Friedmann der Meinung, der Staat solle sich nicht in die Wirtschaft einmischen. Diesen Gedanken haben heutige Unternehmer aufgegriffen und das Konzept der Privatstädte ins Leben gerufen.
Da demokratisches Mitspracherecht in diesem Konzept ausgehebelt ist, können sich Privatstädte voll und ganz auf Fortschritt und maximalen Profit fokussieren. Titus Gebel ist einer der Vordenker des Konzepts und an der Entwicklung mehrerer Privatstadt-Projekte beteiligt. Auch ganz vorne mit dabei ist Patri Friedmann, der Enkel von Milton Friedmann. Zusammen mit Gebel investiert er in Próspera auf Honduras, die erste freie Privatstadt der Welt. Rund 30 000 Menschen soll Próspera künftig beherbergen, noch ist die Stadt aber im Bau.
Chancen für lokale Bevölkerung
Die Tatsache, dass große Unternehmen jetzt Millionensummen in ärmere Staaten wie Honduras investieren, lässt auf den Nebeneffekt schließen, dass dort dringend benötigte Arbeitsplätze und Infrastruktur entstehen. Damit werben jedenfalls Fürsprecher der Privatstädte-Projekte.
Ob die Privatstädte tatsächlich Vorteile für die lokale Bevölkerung bieten und wie das Machtverhältnis zwischen Próspera und dem umliegenden Staat Honduras aussieht, das fragt detektor.fm-Moderatorin Lara-Lena Gödde Andreas Kemper. Er ist Soziologe und publiziert zum Thema Privatstädte.