Tödliche Polizeigewalt in Frankreich
„Nanterre hat heute den schlimmsten Tag in seiner Geschichte erlebt“, sagt Patrick Jarry, Bürgermeister des Pariser Vorortes Nanterre. Mit dem „schlimmsten Tag“ meint er Dienstag, den 27.06.2023. An diesem Tag ist der 17-jährige Nahel M. bei einer Verkehrskontrolle erschossen worden. Das Besondere an dem Vorfall: Eine Passantin hat das Geschehen gefilmt. Das Video zeigt, wie in Nanterre zwei Polizisten in Uniformen und mit Motorradhelmen an der Fahrerseite eines gelben Mercedes stehen. Einer der Beamten redet auf die Person am Steuer ein, ein anderer richtet seine Waffe auf sie. Als der Wagen losfährt, erklingt ein dumpfer Schuss. Das Video ist auf Social Media viel verbreitet worden. Die Öffentlichkeit ist geschockt, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nennt den Schuss auf Nahel „unverzeihlich“. Es folgen Ausschreitungen und Proteste in Frankreich.
Danach kommen die Proteste
Jetzt brennen Autos, Straßenbahnen und Rathäuser, Menschen gehen auf die Straße und 150 Personen wurden festgenommen. Die Proteste in Frankreich eskalieren und haben sich auch auf angrenzende Orte und Städte im Süden des Landes ausgeweitet. So ist zum Beispiel in Mantes-la-Jolie das Rathaus in Brand gesetzt worden. Die Polizei setzt Tränengas und Gummigeschosse ein.
Es ist nicht das erste Mal, dass Proteste gegen die Polizeigewalt in Frankreich ausbrechen. Allein 2022 sind 13 Menschen bei Polizeikontakten ums Leben gekommen. Die Lage eskaliert besonders oft in den Vorstädten, den Banlieues. Sicherheitskräfte gehen dort vor allem gegenüber jungen Männern mit Migrationshintergrund mitunter willkürlich vor.
Wo liegen die Ursachen der Polizeigewalt? Was fordert die Öffentlichkeit? Bei „Zurück zum Thema“ spricht detektor.fm-Moderatorin Nina Potzel über diese Fragen mit Britta Sandberg. Sie schreibt und berichtet für den SPIEGEL über Frankreich.