Zusammenbruch des Vertrauens
Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist auch hierzulande ein Zusammenbruch des Optimismus zu beobachten gewesen: 81 Prozent der deutschen Bevölkerung äußert sich tief besorgt über die Zukunft. So erschüttert wie jetzt war das Vertrauen in die Zukunft selbst nach den Anschlägen vom 11. September oder der Weltfinanzkrise von 2008 nicht. Auch das Vertrauen in die Handlungs- und Leistungsfähigkeit des Staates nimmt weiter ab. So haben 73 Prozent der Menschen in Deutschland kein Vertrauen in die Fähigkeit des Staates. Knapp 70 Prozent der Bevölkerung denkt, der Staat sei überfordert. Diese Zahlen zeigen: Wir stecken in einer Vertrauenskrise von bisher unbekanntem Ausmaß, so zumindest die Sicht von Sascha Lobo. Er sieht darin eine Bedrohung für die liberale Demokratie. In seinem neuen Buch „Die große Vertrauenskrise“ geht der Publizist dem gesellschaftlichen Vertrauensmangel auf den Grund.
Sascha Lobo: „Die Krisen stapeln sich“
Was aber ist der Grund für diese große Vertrauenskrise? Laut Lobo vor allem die Menge an Krisen, die sich aufeinanderstapeln. Zuerst die Pandemie, dann der russische Angriffskrieg und schließlich die Inflation. Dadurch habe die Politik hilflos gewirkt. Auch die sozialen Medien würden zu dem Vertrauensverlust der Öffentlichkeit beitragen, so Lobo. Zum einen, weil sich dort Parallelwelten aufbauen, zum anderen, weil die Mechanismen von Social Media dazu führen, dass sich Nachrichten, die Angst machen, schneller verbreiten. All das führe dazu, dass sich das Angst-Niveau der Menschen erhöht — und Angst ist der größte Gegenspieler des Vertrauens.
Wo sehen wir die Vertrauenskrise in unserer Gesellschaft? Und wie können wir sie überwinden? Über diese Fragen spricht detektor.fm-Moderatorin Charlotte Thielmann in dieser Folge von „Zurück zum Thema“ mit Sascha Lobo. Er ist Autor, Journalist und Podcaster. „Die große Vertrauenskrise“ ist sein zehntes Buch und bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.