Abgrenzen durch Vinyl
Analoge Technik ist ein Teil unserer digitalen Welt. Die jährlich steigenden Schallplattenverkäufe beweisen das nur zu gut. Für Liebhaber ist der Sound von Vinyl einer Mp3 um Längen überlegen.
Auch viele Fotografen schwören auf Film statt Speicherkarte. Und die totgeglaubte Polaroidkamera erlebt seit einiger Zeit ein Comeback. Es scheint also gerade das Unperfekte zu sein, das einem Lied oder einem Foto seinen Reiz gibt. Aber analoge Technik ist auch zum Lifestyle geworden, mit dem man sich aus der Masse hervorheben kann.
Die soziale Distinktion spielt eine Rolle. Man kann seinen guten Geschmack beweisen, indem man mit dem echten Analogen umgeht. Mit der wirklichen Schallplatte, der tatsächlichen Polaroidkamera. – Dominik Schrey, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am KIT
Digitalisierung – die Zukunft für analoge Technik?
Filter auf dem Smartphone imitieren den Effekt einer Sofortbildkamera. Auch bei aktuellen Musikproduktionen soll das hinzugefügte Knistern einer Schallplatte analoge Technik nachahmen. Aber können die Retro-Effekte das Original ersetzen?
Möglicherweise ist das Vermischen von digital und analog die Antwort. Eine neue Technik soll nun beispielsweise Schallplatten in HD-Qualität ermöglichen. Das Verfahren nutzt Laser, um die Tonspuren in den Pressstempel zu ritzen. Die Musikindustrie wittert bereits noch größere Umsätze.
Dabei sind Schallplatten schon jetzt längst kein rein analoges Handwerk mehr. Denn jede aufgenommene Tonspur wird an Computern bearbeitet, bevor sie auf Vinyl gepresst wird. Analog und digital sind also schon längst ineinander übergegangen. Trotzdem sehnen wir uns offenbar nach dem Gefühl des Handgemachten.
Warum das so ist, hat detektor.fm-Moderatorin Doris Hellpoldt den Medienwissenschaftler Dominik Schrey gefragt. Er hat das Buch „Analoge Nostalgie in der digitalen Medienkultur“ geschrieben und forscht am Karlsruher Institut für Technologie.
Redaktion: Patrick Ehrenberg