Familiengeschichte mit Augenzwinkern
Olivier Schrauwen hat seinen Großvater Arsène zum Helden seiner Geschichte gemacht und ein klitzekleines bisschen ausgeschmückt. Arsène Schrauwen besucht etwa Mitte des vergangenen Jahrhunderts seinen Vetter in einer der belgischen Kolonien. Warum? Natürlich um seinem Vetter bei der Errichtung einer utopischen Reißbrett-Stadt zu helfen. Was sonst? Dummerweise verliebt sich Arsène frisch in den Kolonien angekommen unsterblich in seine Schwägerin Marieke. Gleichzeitig driftet das ganze Buch in einen psychedelischen Fiebertraum ab, voll sexueller Anspielungen und absurdem Humor.
Arsène Schrauwen, der verliebte Esel
Der Zeichenstil ist dabei einfach gehalten, fast skizzenhaft. Was das Buch ausmacht, sind die Details. Es macht Spaß, sich von Bild zu Bild zu hangeln. Olivier Schrauwen tobt sich hier richtig aus. Die Bilder und Motive wechseln wie in einem Wahntraum. So verwandelt sich die Umgebung um Arsène in eine Skizze mit Notizen, als er der Wegbeschreibung seines Vetters folgt. Oder Arsène selbst verwandelt sich in einen Esel, wenn er von Marieke angesprochen wird.
Von Elefantenwürmern und Jaguar-Menschen
Unfassbar witzig und absurd ist auch die Handlung. Man weiß nie, was Realität oder Fiktion ist. So wird Arsène in einem Bungalow langsam aus Angst vor dem berüchtigten Elefantenwurm wahnsinnig. Ein Parasit, der im Wasser lebt und jederzeit zuschlagen kann. Arsène hört auf, sich zu waschen, und trinkt den ganzen Tag Bier. Im Leitungswasser könnte ja der Wurm lauern. In einer späteren Episode wird seine Dschungel-Expedition von Leoparden-Menschen entführt und zu einer Sex-Orgie gezwungen.
Gerade im Bezug auf Sexualität ist das Buch ausschweifend. Seien es erotische Fieberträume, homosexuelle Affairen in futuristischen Stadtmodellen oder eben Orgien mit Jaguar-Menschen. Die Sexualität ist dabei aber nie unpassend und macht sogar einen großen Teil des Charmes der Geschichte aus.
Grafik-Novelle mit Binge-Read-Bremse
Ein besonderes Highlight der Grafik-Novelle bewahrt den Leser davor, zu schnell durch das Buch zu rasen. Denn immer wieder fordert das Buch den Leser höflich dazu auf, bitte ein bis zwei Wochen zu warten, bevor man weiterliest. Nur um sich auf der nächsten Seite artig für das Warten zu bedanken.
In seinem Buchtipp stellt detektor.fm-Redakteur Pascal Anselmi die Grafik-Novelle „Arsène Schrauwen“ von Olivier Schrauwen vor.