Warum zu Weihnachten nicht mal Comics verschenken? Wir stellen in dieser Woche 5 Buchtipps vor – und heute geht es um das Nebenan und Gegenüber.
Einmal hinter die Fassaden der Nachbarhäuser und in das Leben der darin wohnenden Menschen blicken: diese Möglichkeit bietet die Comic-Sammlung „Building Stories“ von Chris Ware. Also Schuhe aus und schnell einen Blick hinter die Türen der Nachbarn werfen!
Asymmetrisches Lesen: Ein Puzzle in 14 Teilen
Was einem bei „Building Stories“ als erstes ins Auge sticht, ist nicht etwa die Geschichte oder der Comic-Stil, sondern die Aufmachung der Grafik-Novelle. Diese kommt nämlich nicht in praktischer Buchform fürs Bücherregal daher, sondern in einem großen Karton. Darin befinden sich 14 einzelne und vollkommen unterschiedlich gestaltete Comics.
Seien es kleine Comic-Strips, DIN-A2-große Zeitungen, spielbrettartige Faltbilder oder einzelne gebundene Hefte. Gefühlt ist jede erdenkliche Comic-Form einmal vorhanden. Und wie soll man die nun lesen? Tja … das ist dem Leser komplett selbst überlassen. Man pickt sich einfach einen Comic heraus und Stück für Stück fügt sich die Geschichte um die drei Mietparteien des Hauses zusammen. Asymmetrisches Lesen, das den besonderen Charme der Story ausmacht.
Zauber und Grauen des Alltags
Diese dreht sich um die vier Bewohner eines Mietshauses in einer US-amerikanischen Vorstadt: die ältere Vermieterin im Erdgeschoss, ein verheiratetes Pärchen und eine ehemalige Kunststudentin unterm Dach. Und was passiert spannendes in deren Leben? Alltag!
Die Vermieterin ist grummelig, die Beziehung des Pärchens geht in die Brüche und die Kunststudentin schlittert einsam in eine Depression. So bedrückend, so normal. Hier kommen die 14 verschiedenen Comics als Puzzle-Teile ins Spiel. Denn mit jedem Comic lässt Chris Ware den Leser einen sensiblen und einfühlsamen Blick auf einen Ausschnitt aus dem Leben der vier Hausbewohner werfen.
Hierbei entsteht der Zauber der Geschichte. Denn je nach dem, in welcher Reihenfolge man liest, baut sich die Geschichte für jeden Leser anders auf. Wer schon einen Blick in die Zukunft der depressiven Studentin geworfen hat, möchte ihr gern zurufen: „Alles wird gut! Jemand wird dich lieben und vor allen Dingen bist du nicht zu dick!“ Oder man hat ihre Vergangenheit gesehen und versteht auf einmal, was eigentlich ihre Träume und Wünsche waren.
Vorstadtleben – gefühlvoll seziert
Chris Ware gelingt es mit „Building Stories“ das Leben und die Gefühlswelt seiner Protagonisten auf sensible Art und Weise Puzzle-Teil für Puzzle-Teil offenzulegen. Dabei geht es aber nicht nur traurig und depressiv zu. Humor, Ärger und Erotik finden in „Building Stories“ auch ihren Platz – halt genauso wie im normalen Leben.
Einen Blick hinter die Fassaden der Nachbarn gibt es im Buchtipp von detektor.fm-Redakteur Pascal Anselmi: „Building Stories“ von Chris Ware.