+++ detektor.fm ist Medienpartner der Designers‘ Open – in dieser Woche beschäftigen wir uns deshalb mit dem Thema Design +++
Wer sich mit Zukunftstechnologien für die Industrie beschäftigt, hört häufig von 3D-Druckern und deren theoretischen und praktischen Möglichkeiten. Falten spielt dabei eher selten eine Rolle. Dabei ist das klassische Falten, wie wir es alle aus dem Kindergarten und der Grundschule oder später vom Origami kennen, eine Technik, die häufig unterschätzt wird.
Industrielles Falten immer beliebter
Immer mehr Unternehmen haben den Nutzen dieser Technik erkannt und falten ihre Produkte. Christian Bollert hat sich das industrielle Falten einmal genauer angeschaut. Nicola Stattmann und Yves Ebnöther zeigen ihre Kunst auf den Designers‘ Open und erklären, worauf es beim Falten ankommt.
+++ Der Beitrag zum Nachlesen +++
Beim Thema Falten denke ich zuerst an die Papierflieger aus der Grundschule. Damals haben wir großen Wert gelegt auf die korrekte Faltung, den Knick an der richtigen Stelle und die Stabilität der kleinen Flugzeuge, dass man mit dem Falten auch aufwändige Gegenstände wie Stühle oder Sonnensegel herstellen kann, war mir damals nicht klar. Dabei ist Falten längst eine etablierte Technik für die Industrie. Nicola Stattmann ist Produktdesignerin aus Frankfurt am Main und fasziniert davon, wie mit wenigen Faltungen aus einem 2D-Material 3D-Produkte werden:
„Metallbleche, Kunststoffsheets, Papier können durch einfaches Rillen- und Linienziehen in dreidimensionale Objekte verwandelt werden. Ohne dass man Werkzeug braucht oder großartige Maschinen braucht und das ist irre!“ – Nicola Stattmann
Yves Ebnöther, der in Zürich lebt und dort das FABLAB mitgegründet hat, ist auch begeistert vom Falten. Ihn fasziniert der spielerische Umgang mit dem Material. Aus seiner Sicht, spielen aber die logistischen Vorteile eine große Rolle. Denn Falten kann Platz sparen.
„Also Produkte eigentlich flach herzustellen, also rein das Schnittmuster und das flach zu Kunden zu schicken, die das dann selbst falten oder das zumindest flach in die Läden zu bringen, wo es dann von geschultem Personal beispielsweise zusammengebaut oder gefaltet wird.“ – Yves Ebnöther
Ebnöther selbst hat einen Hocker aus Blech gefaltet. Aus dünnen Materialien stabile Gegenstände zu bauen, das ist für ihn ein Vorteil des Faltens. Ermöglicht doch das Falten eine sehr leichte Bauweise. Aber so verlockend die Technik auch auf den ersten Blick erscheint, sie hat ihre Tücken, erklärt Ebnöther:
„Sobald man natürlich nicht mehr rechte Winkel abbiegt oder versucht Dinge herzustellen, die etwas kompliziert sind als Kisten oder Kästen oder so dann wird die Falterei selbst schon ganz schön anspruchsvoll.“ – Yves Ebnöther
Für Nicola Stattmann ist das der Moment, wo Profis und Computerprogramme ins Spiel kommen. Denn diese können solche Probleme lösen. Einer der Pioniere dieser technologischen Lösungen ist der Amerikaner Ron Resch gewesen, er hat die sogenannte Tessellation, eine Art Mosaik-Faltung, entwickelt, Nicola Stattmann über Ron Resch.
„Der hat in den Anfang 60ern selber die ersten Faltmaschinen gebaut als Student und hat hochkomplizierte an ersten Computern berechnete Faltstrukturen entwickelt, die sich flexibel in sämtliche Richtungen dann noch bewegen. Tessellation Origami heißt das, das ist unglaublich faszinierend.“ – Nicola Stattmann
Heute wird bereits in vielen Lebensbereichen gefaltet, der Airbag im Auto ist ein von Robotern gefaltetes Produkt und die NASA faltet sehr viel, weil es einfach Platz spart und in einer Rakete nicht besonders viel Platz ist. Für die Zukunft ist Yves Ebnöther gespannt auf Faltungen, die in die andere Richtung gehen, wenn also Dinge wieder entfaltet werden:
„Wir hatten Versuche gemacht mit einer Holzplatte, die mit Leder beschichtet ist. Dann wurde die Holzplatte so eingefräst, dass das Leder als Scharnier wirken konnte. Und so kann man eben nicht nur einen Falthocker, sondern auch einen Klapphocker realisieren.“ – Yves Ebnöther
Nicola Stattmann ist momentan besonders begeistert von einer weiteren Facette des Faltens, die irgendwie sehr futuristisch klingt und an die Vision der Transformers erinnert, sich selbstfaltende Materialien und Produkte:
„Da werden im Grunde genommen Plattenmaterialien mit intelligenten Materialien, sag ich mal, kombiniert. Diese verändern sich dann je nach Außentemperatur, Feuchtigkeit oder aber wenn man einen Strom anlegt. Und diese intelligenten Materialien, die dann genau an diesen Scharnierstellen, an diesen Faltkanten sind, die ziehen sich dann zusammen und bewegen sich.“ – Nicola Stattmann