Superwoman, Wonderwoman und Black Widow. Auch wenn männliche Superhelden in der Regel bekannter sind, kämpfen in den Comics dieser Welt auch immer wieder Frauen gegen das Böse.
Bald soll diese Liga der Superheldinnen noch weitere Unterstützung bekommen. Und das in besonderer Form.
Abseits des typischen Superhelden-Bildes, spielt in der neuen Serie das junge Schulmädchen Kamala Khan die Hauptfigur. Hinzu kommt, dass die Protagonistin eine Muslima ist, deren Eltern aus Pakistan in die USA eingewandert sind.
Auch in Pakistan selbst läuft seit diesem Sommer eine Serie mit einer Frau als Heldin. Ob sich hinter den beiden Produktionen ein neuer Trend auf dem Comic-Markt verbirgt und welche Strategien Marvel mit der Serie verfolgen könnte, hat sich Redakteurin Julia Wick im Gespräch mit Comic-Experte Kai Loeffler und Comic-Verleger Eckard Sackmann erklären lassen.
Ich glaube nicht, dass da irgendwelche aufklärerischen Tendenzen dahinter stehen. – Eckart Sackmann
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Was an Kamala Khan – der neuen Superheldin Marvels – anders ist, wird schon auf den ersten Blick klar. Das Mädchen mit dem muslimischen Namen hat lange dunkle Haare, einen dunklen Teint und entspricht damit so gar nicht dem bisherigen amerikanischen Superhelden. Auf dem zweiten Blick erfährt der Leser, dass Kamala 16 Jahre alt ist, die typischen Teenager-Probleme hat und nebenher immer mal wieder die Welt retten muss. Dabei nimmt sie den Namen ihres heimlichen Idols „Ms. Marvel“ an. Dieser Titel dürfte Comic-Fans bereits aus den späten 70er Jahren bekannt sein. Damals bekämpfte Carol Danvers unter diesem Namen das Böse. Dabei ist die Gegenüberstellung der beiden Charaktere eine weitere Besonderheit der neuen Serie, wie Comic-Experte Kai Loeffler erklärt.
Mr. Marvel war halt sowas, was man als all american bezeichnen würde. Also blond, mit üppiger Oberweite und gerne auch so in die Farben der amerikanischen Flagge gekleidet. Und das man also jetzt die neue Mr. Marvel einführt und da eben quasi das Gegenteil von diesem Bild hat, eben dieses unsichere Teenagermädchen, was dazu auch noch aus einem arabischen Land kommt und eben muslimisch ist, ist natürlich ungewöhnlich.
Ungewöhnlich ja, aber eben doch nicht ganz neu. Denn die Verbindung einer weiblichen Heldin mit muslimischen Hintergrund gibt es bereits seit Mitte des Jahres in der pakistanischen Serie „Burka Avenger“. Comic-Experte Loeffler weiß, dass es dort vor allem aber um den moralischen Wert geht.
Diese Botschaft ist natürlich sehr wichtig. Da geht es darum, dass Kinder – und vor allem Mädchen – in die Schule gehen sollen und wie wichtig eben Bildung auch ist. Und die Heldin dieser Burka Avenger ist ja selber eine Lehrerin, die nachts sich eben in dieser knallengen Burka kleidet und dann rum schleicht wie ein Ninga und mit Büchern und Stiften bärtige Männer bekämpft, die eben die Kinder davon abhalten wollen in die Schule zu gehen.
Abseits des typischen Superhelden gab es auch schon eine lateinamerikanische Fassung von Spiderman. Zwar wurde diese schon nach kurzer Zeit abgesetzt. Neu ist die Idee der islamischen Superheldin Kamala Khan aber nicht, so Loeffler.
Eigentlich – also es ist jetzt natürlich die erste – zumindest bei Marvel-Comics die erste, muslimische Superheldin, die Mr. Marvel. Aber keine so ungewöhnliche Erscheinung. Also das man jetzt sagen würde, es ist skandalös und völlig unerwartet und neu – das ist eigentlich nicht so.
Hinzu kommt, dass Kamalas Herkunft in dem neuen Format keine übergeordnete Rolle spielt. Vielmehr scheint Marvel seine neue Heldin zu „verwestlichen“ und aus ihr ein typisches „american girl“ zu machen. Die Tatsache, dass sie muslimisch ist, könnte Mittel zum Zweck zu sein, meint auch Comic-Verleger und Literaturhistoriker Eckard Sackmann.
Weil sie einen Markt suchen wahrscheinlich, das ist immer der Grund dafür. Ich glaube nicht, dass da irgendwelche aufklärerischen Tendenzen dahinter stehen. Denn Superhelden an sich sind ja eigentlich nicht besonders aufklärerisch. Sie repräsentieren ja ein Heldenbild, was die Amerikaner gern auch der restlichen Welt aufdrücken wollen. Und das lenkt natürlich davon ab, dass die Leute für sich tätig werden und demokratisch tätig werden.
Dennoch ist die Figur Kamala nicht völlig aus dem Zusammenhang gegriffen. Denn wie Kai Loeffler erklärt, steckt hinter der neuen Serie eine Autorin, die weiß, wovon sie spricht.
Denn das ist ja diese J. Willow Wilson. Ist ja selber, ist zwar Amerikanerin, aber ist ja schon vor ungefähr zehn Jahren zum Islam selber konvertiert. Trägt auch bekennend das Kopftuch und ist eigentlich, lebt in Kairo und ist so ein bisschen das Aushängeschild des modernen Islam. Vor allem in der Popkultur, also sie hat ja selber auch einen Roman geschrieben und einige Comic-Serien, in denen der Islam sehr thematisiert wird. Und das ist also keine Perspektive von Außen in dem Sinne.
Letztlich bleibt festzuhalten, dass die Geschichte um Kamala Khan nicht neu ist und dem Verlag Marvel ganz sicher helfen soll, die sinkenden Verkaufszahlen wieder anzuheben. Ob die eher als konservativ geltenden Comic-Fans dieser Welt sich auf die neue Heldin einlassen, und ob Kamala vielleicht sogar zum Vorbild für junge Mädchen wird, bleibt abzuwarten. Und wird sich spätestens ab Januar 2014 zeigen, wenn das erste Comic-Heft mit der muslimischen Heldin in den Verkauf geht.