Die eigene Identität zurückholen
Wer in extremistische Kreise gerät, kommt oft nicht mehr raus. Menschen, die aussteigen wollen, wird mit Gewalt gedroht – gegen sie und ihre Familie. Und zu diesen Angriffen kommen noch weitere Herausforderungen hinzu. Denn die Aussteiger müssen einen Weg finden, in die Gesellschaft zurückkehren zu können. Aufgrund des Misstrauens, das ihnen entgegengebracht wird, ist das allerdings nicht immer leicht. Noch dazu kommt der abrupte Verlust der Gruppenidentität mit allem, was dazu gehört. Denn neben ihrem sozialen Umfeld verlieren Menschen, ihre Funktion in der Gruppe und die Ideologie, die sie einst sorgsam kultiviert haben.
Wenn man diese Gruppen verlässt, ist tatsächlich erstmal eine gigantische Leere. Und das Problem ist, dass sie in der neuen Umgebung ja nicht immer willkommen geheißen werden. Es reißen sich nicht alle um diese Personen. Manche glauben auch gar nicht, dass die Leute ausgestiegen sind und das verunsichert sie zutiefst. – Bernd Wagner, Exit Deutschland
Zur Deradikalisierung dieser Menschen gehört es, ihnen die Chance zu geben, wieder eine eigene Identität zu entwickeln. Dafür werden eigenen Wünsche, Ängste und Motivationen akribisch genau aufgearbeitet. Nur mit einer Perspektive für die Zukunft, so Wagner, kann der Ausstieg gelingen.
„Exit“ – Wie lebt man nach dem Ausstieg?
Die norwegische Regisseurin Karin Winther hat den Absprung geschafft. Völlig unbeschwert kann sie allerdings trotzdem nicht leben. In ihrem Film „Exit“ macht Winther sich auf die Suche nach anderen Aussteigern und versucht dabei, ihre eigene Vergangenheit in der rechtsextremen Szene aufzuarbeiten. Ihre Dokumentation läuft diese Woche noch auf dem DOK Leipzig Filmfestival.
Als Medienpartner des DOK Leipzig widmet detektor.fm dem Filmfestival eine Beitragsreihe zum Thema Identität. Anhand des Films „Exit“ hat sich detektor.fm-Redakteurin Valérie Eiseler hier mit der Identitätssuche von Aussteigern aus extremistischen Kreisen beschäftigt. Gesprochen hat sie dafür mit Bernd Wagner, dem Direktor der Initiative Exit Deutschland.