Heute sind sie wieder voll damit: die Titelseiten der großen Tageszeitungen mit dem sog. „Fall Pechstein“. Die Eisschnell-Läuferin sieht sich seit Monaten mit Dopingvorwürfen konfrontiert. Gestern nun fand eine Pressekonferenz mehrerer Forscher in Berlin statt, auf der die Wissenschaftler behaupteten: der Fall Pechstein sei aus medizinischer Sicht gelöst. Claudia Pechstein leide an einer seltenen Erbkrankheit, die die Auffälligkeiten an ihren roten Blutkörperchen erklären könne. Dies beweise, das Pechstein nicht mit Epo gedopt habe.
Sofort lief die Meldung durch die Schlagzeilen und Nachrichtensendung. Doch was hinten runter fiel ist, dass es darum gar nicht geht. Ein Epo-Doping ist längst widerlegt. Worum es geht, sind Indizien – Indizien für eine Art der Leistungssteigerung, die heute noch nicht nachgewiesen werden können. Denn dies ist das größte Problem der Dopingfahnder, dass sie den Methoden und Substanzen der Mafia immer etwas hinterhinken. Und so hat die Anti-Doping-Agentur und der Sportgerichtshof seine Politik geändert: heute werden Sportler nicht nur gesperrt, wenn ihnen Doping zweifelsfrei bewiesen wurde, sondern auch bei Indizien darauf. Die Argumentation, die dahinter liegt, ist: nur weil wir es erst in der Zukunft nachweisen können, soll es trotzdem heute schon geahndet werden. Das geschieht nun, auch auf die Gefahr hin, den ein oder anderen Unschuldigen zu treffen. Und das sei bei ihr der Fall, argumentiert Claudia Pechstein.
Die Positionen
Mit zwei Wissenschaftlern wollen wir den Fall Pechstein von allen Seiten beleuchten. Zum einen: Prof. Wolfgang Jelkmann. Der Physiologe und Doping-Experte ist einer der Autoren des gestern vorgestellten Gutachtens, welches von Pechsteins Unschuld ausgeht. Ihn haben wir eingangs gefragt: wie begründen Sie das?
Etwas anders sieht das Prof. Fritz Sörgel. Er gilt als einer der renommiertesten deutschen Doping-Experten und ist bisher nicht von Pechsteins Unschuld überzeugt gewesen. Mit ihm reden wir über die Methodik der gestern vorgestellten Untersuchung, das Dilemma der Dopingfahnder, die Sperrpraxis der Doping-Agentur – und wollten eingangs von ihm wissen, was er von der neuen Studie hält.