Ein alter Mann kommt nicht weiter. Auf einer Behelfsbrücke, die das Militär angelegt hat, bleibt er sitzen, während an ihm Flüchtende vorbeiziehen. Doch was ihn hält, scheint nicht nur die Entkräftung zu sein.
„Alter Mann an der Brücke“ (Old Man at the Bridge, 1938) ist einer der kürzesten Geschichten Ernest Hemingways. Die Spannung der gegensätzlichen Rhythmen von Flucht und Stillstand, Auftrag und Aussichtslosigkeit ist mit reduzierten sprachlichen Mitteln gezeichnet und erzeugt gerade dadurch seine starke Wirkung.
Dieser Spannung kann man in der Hörspieladaption des Klangkünstlers metaboman alias Wendelin Weißbach auf die Spur kommen, der, ebenfalls mit reduzierten Mitteln, einen dichten Klang- und Assoziationsraum entwirft.
Typisch für die „Weimarer Schule“ des Lehrstuhls für Experimentelles Radio ist das Experiment mit dem Genre an sich. Das „Hörspiel“ ist hier das Spiel mit den klanglich-erzählenden Schichten: Minimal musikalisch, mit Wiederholungen, Dopplungen und Pausen erzeugt metaboman hier eine konzentrierte Atmosphäre, einen assoziierten Raum für die Handlung, die nicht gespielt, sondern getreu der Vorlage erzählt wird – im englischen Original und in deutscher Übersetzung.
Die Kurzgeschichte entstand vor dem Hintergrund des spanischen Bürgerkrieges (1936-39), in dem Hemingway als Kriegsreporter zugegen war. Angesichts der nicht abklingenden Kriegsherde weltweit erscheint die „alte Brücke“ allerdings als zeitloser Schauplatz für das Ausgesetztsein eines einfachen Menschen in den kriegerischen Auseinandersetzungen seines Landes.