Kennen Sie das? Sie flirten, haben Spaß, doch plötzlich schießt Ihnen eine Frage durch den Kopf: Bin ich vielleicht mit ihm oder ihr verwandt?
Nein? Natürlich nicht, bei 82 Millionen Einwohnern in Deutschland ist es nicht so wahrscheinlich, dass man ausgerechnet mit einem Cousin dritten Grades flirtet. In Island ist das aber anders – schließlich leben da nur knapp 320.000 Menschen.
Um unschöne Überraschungen zu verhindern, haben in Island vier isländische Studenten eine App entwickelt. Diese gibt Alarm, wenn man mit dem Objekt der Begierde verwandt ist und verhindert so Inzest.
Wie die Anti-Inzest-App funktioniert und wie sie in Island ankommt, das haben wir Hakon Björnsson gefragt. Er ist einer der Entwickler.
Das Interview in deutscher Fassung
Das Interview in der Originalfassung
In Island sind alle irgendwie miteinander verwandt. – Hákon Björnsson
Das Interview zum Nachlesen
Haben Sie die App selbst schon ausprobiert?
Ja, ich habe die App schon mehrfach ausprobiert, vor allem, um anderen die App zu demonstrieren – und jeder ist beeindruckt. Aber ich habe es noch nicht benutzt, um zu schauen, ob mein Flirt mit mir verwandt ist.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine Anti-Inzest-App zu entwickeln?
Es gibt ein isländisches Unternehmen namens Decode. Dieses Unternehmen hat eine Datenbank mit Stammbaum-Daten über alle Isländer. Decode hat einen Wettbewerb veranstaltet. Die Aufgabe war, die Daten auf kreative Art und Weise zu verarbeiten. Wir haben mit unserem Anti-Inzest-Alarm mitgemacht, und der hat dann auch gewonnen. Die Idee dazu stammt von einem Running Gag in Island. Die Leute machen nämlich ständig Witze darüber, dass sie ausversehen mit einem Cousin schlafen. Das liegt daran, dass wir in Island alle irgendwie miteinander verwandt sind. Also, es gibt immer diese kleine Wahrscheinlichkeit, dass man mit jemandem eine Beziehung hat, obwohl man eben verwandt ist.
Ist es in Island häufiger so, dass man, ohne es zu wissen, mit einem Verwandten flirtet, oder ist das nur eine Legende?
In Island sind alle irgendwie miteinander verwandt, manche in siebter Generation, das ist nicht so schlimm. Aber man will eben nicht mit einem Cousin zweiten oder dritten oder sogar vierten Grades rummachen.
Sie haben vorhin gesagt, dass diese App die genealogische Datenbank eines Unternehmens benutzt. Aber wie funktioniert die App genau?
Wenn du die App auf dem Smartphone hast, dann kannst du überprüfen, wie du mit jemandem verwandt bist. Die Suche geht über Name und Geburtsdatum. In der App sind alle Inhalte der Datenbank von decode drin. Dazu haben wir ein Feature hinzugefügt: das Buff. Zwei Leute mit der App können ihre Handys aneinander drücken und die Handys werden miteinander kommunizieren. Also ein ziemlich schneller Weg, um herauszufinden, ob man miteinander verwandt ist. Das ist wie ein Shortcut.
Wie erfolgreich ist denn die App?
Wir haben jetzt mehr als 11.000 Downloads, also ich würde sagen, es ist ziemlich beliebt. Es war für drei oder vier Wochen die Nr. 1 der kostenlosen Apps im Google Play Store. Inzwischen ist es, glaube ich, auf Platz 2 abgerutscht.
Planen Sie denn noch Weiterentwicklungen?
Ja, wir sind in Gesprächen mit Decode. Wir wollen die App erweitern. Außerdem müssen wir noch ein paar Bugs ausmerzen. Die App war ja Teil eines Wettbewerbs und wir müssten das innerhalb von drei Wochen entwickeln – also kann es natürlich nicht fehlerfrei sein. Wir sprechen mit Decode, auch, um eine iPhone-Version zu programmieren, aber damit haben wir noch nicht angefangen.