Biennale lebt in nationalen Kategorien
„May you live in interesting times“, lautet das Motto der 58. Biennale Venedig, die dieses Wochenende für die Besuchenden öffnet. Die Ausstellung gilt als eines der größten Ereignisse internationaler Gegenwartskunst. Und so präsentiert sie sich auch: Als transnationale Plattform, die aktuelle gesellschaftliche Themen aufgreift. Doch steht dieses Selbstverständnis nicht im Widerspruch zur Struktur des Festivals? Immerhin hat sich an der Konzeption seit der ersten Biennale 1895 wenig geändert. Die Kunst wird zu großen Teilen in nationalen Pavillons ausgestellt. Und die größten Pavillons in Venedig haben ausgerechnet die ehemaligen Kolonialmächten.
Insofern könnte man sagen, dass die Biennale überholt ist. Zumal sie ja auch eine koloniale Ordnung und eine Nationenentwicklung aus dem 19. Jahrhundert darstellt. – Alexandra Karentzos, Professorin für Mode und Ästhetik, TU Darmstadt
Ist diese Struktur noch zeitgemäß? Gerade dann, wenn es der Anspruch des internationalen Kunstspektakels bleibt, die großen Themen der Gegenwart abbilden zu wollen? In diesem Jahr ist eines der wichtigsten Motive etwa die Flüchtlingskrise.
Politisch wird es in Venedig trotzdem
Einer der provokantesten Beiträge ist die „Barca Nostra“ von Christoph Büchel. Das Schiff sank 2015 bei der Überfahrt nach Europa, riss Hunderte Migranten in den Tod und wird nun als Wrack ausgestellt. Ein weiteres großes Thema sind Fake News. Und im deutschen Pavillon zeigt Natascha Sadr Haghighian alias Natascha Süder Happelmann ein Spiel der Identitäten.
Über die postkoloniale Kritik und wie nationale Pavillions zu internationalen Kunstthemen passen, darüber spricht detektor.fm-Moderator Lars Feyen mit Alexandra Karentzos. Sie ist Professorin für Mode und Ästhetik an der TU Darmstadt.
Redaktion: Eva Weber, Sebastian Blum