Bruch mit einer fragwürdigen Tradition
Eine deutsche Theaterbühne und auf ihr ausschließlich schwarze Menschen. Hierzulande ein bisher eher seltener Anblick. Sind die deutschen Theaterbühnen doch meist von weißen Menschen besetzt. Mit dieser fragwürdigen Tradition brach nun vergangene Woche das Theaterstück Mittelreich bei seiner Premiere an den Münchner Kammerspielen. Schwarze Schauspielerinnen und Schauspieler, ein schwarzer Chor und auch eine schwarze Dirigentin. Das alles bei einem Stück, das eine urbayerische Familiengeschichte erzählt.
Mittelreich – eine „Schwarzkopie“
Ursprünglich basiert das Stück auf dem Roman von Josef Bierbichler. Er schildert die Wirren einer bayrischen Familie über den Zeitraum von hundert Jahren. Generationen geformt durch Krieg und Verwüstung. Nur darum geht es im Grunde in der neuen Inszenierung von Mittelreich gar nicht. Denn das Stück gab es exakt so 2015 in einer Inszenierung von Anna-Sophie Mahler an den Münchner Kammerspielen bereits zu sehen. Nur eben mit einem weißen Ensemble. Diese Version von 2015 hat Anta Helena Recke nun von ihrer schwarzen Besetzung kopieren lassen. Sogar Mimik, Gestik und Aussprache imitieren die schwarzen Schauspielerinnen und Schauspieler von ihren weißen Kollegen. Eine „Schwarzkopie“ nennt das die Regisseurin.
Hautfarbe in Reflektion
Dabei geht es dem Stück aber nicht nur darum, das Fehlen schwarzer Körper im deutschen Theaterbetrieb zu thematisieren oder Sehgewohnheiten zu ändern. Auch das Publikum ist angehalten über die eigene Hautfarbe, die eigene „whiteness“, nachzudenken.
Viele im Publikum haben gesagt, dass sie im Laufe der Aufführung aufgehört haben, über Hautfarbe nachzudenken. Viele haben aber auch gesagt, dass durch diese Umbesetzung viele Fragen aufgekommen sind, die sie sich vorher nicht gestellt haben. – Anta Helena Recke, Regisseurin des Stücks
Was es mit dieser „Schwarzkopie“ des Stücks Mittelreich auf sich hat, darüber hat detektor.fm-Moderatorin Isabel Woop mit der Regisseurin Anta Helena Recke gesprochen.
Redaktion: Pascal Anselmi