Robert Mapplethorpe wächst als eines von sechs Kindern in einer katholischen Arbeiterfamilie in den USA auf. Schon früh weiß er, dass er Künstler werden will. In New York studiert er Malerei und Bildhauerei. Das Medium, das später seines wird, die Fotografie, ist in den 1970er Jahren noch wenig etabliert. Unter anderem durch Mapplethorpes Vorbild Andy Warhol bekommt sie nach und nach mehr Anerkennung in der Kunst.
Doch was Mapplethorpe fotografiert, bricht damals alle Tabus: Nach seiner Beziehung mit Patti Smith lebt er offen homosexuell, probiert sich in der SM-Szene aus und dokumentiert diese fotografisch. Viele seiner Motive sind noch für das heutige Auge, das viel mehr Nackheit gewöhnt ist, extrem.
Er drückt Begehren aus, männliches Begehren, und das wirklich kompromisslos. Es geht immer um seinen ästhetischen Drang. – Sebastian Frenzel, stellvertretender Chefredakteur Monopol
Klassische Ästhetik und radikaler Inhalt
Seine Ästhetik, sein Blick für Licht und Schatten, machen ihn schnell zu einem erfolgreichen Fotografen. Wobei er sein Geld vor allem mit Auftragsarbeiten verdient, nicht mit seinen SM-Bildern. Mapplethorpe ist dabei nicht der einzige, der die New Yorker Schwulenszene fotografiert. Aber er hat den Anspruch, das Thema in den Kunst-Mainstream zu bringen.
Seinem ästhetischen Empfinden stellt er alles andere hinten an, auch die Moral, sagt Sebastian Frenzel. Insofern kann man durchaus kritisch sehen, dass er gegen Ende seines Lebens fast nur noch schwarze Männer fotografiert und sie überstilisiert und sexualisiert darstellt.
Das waren ja nicht alles seine Freunde. Sondern das waren auch Strichjungen, die er von der Straße mitgenommen hat. Da ist natürlich schon so ein Machtverhältnis drin. – Elke Buhr, Chefredakteurin Monopol
Im Monopol-Podcast äußert sich dazu auch der Künstler AA Bronson, der Mapplethorpe persönlich kannte. Er berichtet auch von der Zeit, in der Mapplethorpe und viele andere Männer in der Szene an AIDS starben.
Der Körper als Politikum
Körperpolitik erleben wir heute vor allem im Bezug auf den weiblichen Körper. In den 1990ern hofften die Vertreterinnen des Cyberfeminismus, dass im Cyber-Space der physische Körper keine Rolle mehr spielt und damit Ungleichbehandlung zwischen den Geschlechtern aufgelöst werden könnten. Die Bewegung erklärte Anfang der 2000er ihr eigenes Ende.
Jetzt ist der Begriff als Post-Cyberfeminismus wieder da. Es geht nicht mehr um die Hoffnung des körperlosen Internets, sondern darum, Problemen, wie zum Beispiel Frauenhass im Internet, zu begegnen. Längst verschwimmen der Begriff und die Bewegung mit anderen feministischen Strömungen. Und auch in der Kunst findet das Thema Ausdruck. Dabei bezeichnen sich Künstlerinnen, deren Instagram-Posts als feministisch interpretiert werden, nicht unbedingt selbst als Post-Cyberfeministinnen.
Die Autorin und Monopol-Kolumnistin Anika Meier spricht in der aktuellen Episode des Monopol-Podcasts über das Selbstverständnis von digital-native-Künstlerinnen und erklärt, warum Influencerinnen häufig weibliche Stereotype bedienen.
Redaktion: Eva Morlang