In den 1990er Jahren bietet Berlin durch den großen Leerstand den Nährboden für eine Kunstszene. Ausgehend von den Kunst-Werken in der Auguststraße etabliert sich in Prenzlauer Berg und Mitte eine Szene, damals noch vor allem bestehend aus Projekträumen. Häufig wurden alte Ladengeschäfte zu Ausstellungsräumen umfunktioniert wie etwa Guido Baudachs Maschenmode. Berlin war die Stadt, wo man als Künstler nach dem Studium hin ging, sagt Baudach.
Das war ja eine historisch einmalige Situation: Wann hat man schon mal eine europäische Hauptstadt, die halb leer steht, wo es nichts kostet, was zu machen? Sowas gibt’s einfach nicht noch mal, das passiert auch nicht in Detroit obwohl Detroit leer steht. – Elke Buhr, Monopol-Chefredakteurin
Kunst braucht ein Publikum
In den 2000ern wird die Szene professioneller und internationaler. Künstler gehen dahin, wo andere Künstler sind, sagt Elke Buhr. Aber auch ein weiterer Faktor spielt offenbar eine Rolle:
Ich kenne keine Stadt auf der Welt, wo ich so einer Dichte begegne an richtig interessierten und informierten Zuschauern. Da ist, denke ich, Berlin ununterbrochen attraktiv. Das ist für Künstler sehr sehr wichtig, dass es eine große Menge Menschen gibt, die Kunst unterstützt. – Willem de Rooij, Künstler
Aber Berlin ist nicht berühmt dafür, dass dort auch Kunst gekauft wird. Noch gibt es verhältnismäßig wenige Sammler. Es werden aber immer mehr, sagen Elke Buhr und Willem de Rooij. Von den rund 400 Galerien, die Berlin zählt, rechnen sich wohl auch nur die wenigsten. Und sie geraten mit den steigenden Mietpreisen zusätzlich unter Druck.
Laut einer Studie des Instituts für Strategieentwicklung leben in Berlin etwa 8.000 Künstler, von denen aber nur die wenigsten von ihrer Kunst leben können. Trotz Nebenjobs verdienen sie im Durchschnitt 20.000 Euro im Jahr, Künstlerinnen verdienen etwa 30 Prozent weniger als männliche Kollegen.
Künstler brauchen Galerien
Elke Buhr betont, dass die Stadt Berlin nicht nur Künstlerinnen und Künstler, sondern auch Galerien unterstützen müsse. In dem Bereich werde bislang viel zu wenig getan. Denn ein Projektraum, in dem kostenlos Kunst zu sehen sei, helfe den Künstlern auf lange Sicht nicht, von ihrer Arbeit zu leben. Galeristen seien für eine professionelle Kunstszene essenziell.
Den Berliner Kunstmarkt zu beleben ist das Ziel des Gallery Weekends Berlin und der Messe art berlin, ehemals abc. Die Direktorin Maike Cruse sagt, es gebe eine neue Szene an Berlinern, die man auch für das Kunstsammeln begeistern könne.
Warum für sie Berlin immer noch die wichtigste und interessanteste Kunststadt der Welt ist, erzählt sie im Interview mit detektor.fm-Moderatorin Sara Steinert. Außerdem gibt sie Tipps für die Ausstellungen des Gallery Weekends, die noch bis in den Juni hinein kostenlos offen stehen.
Redaktion: Eva Morlang